Rheinische Post Ratingen

Der Narr in mir

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Mit übersprude­lnder Freude leben die Kinder uns vor: Karneval ist alles anders. „Es macht super Spaß“, sagt Aileen, „aber mein Kostüm ist noch ein Geheimnis.“„Ich gehe als Einhorn, als Ronaldo, als Hexe, Schwertkäm­pfer, Vampir“rufen alle durcheinan­der. Auch die Karnevalsm­uffel müssen sich fügen. In diesen Tagen ist eben alles ganz anders als sonst. Auf meine Frage, wer als Clown gehe, sagen die Kinder im Schulgotte­sdienst: „Einen Clown haben wir das ganze Jahr: unseren Klassenclo­wn! Meistens ist er lustig, aber manchmal nervt er auch.“Der Angesproch­ene schaut etwas verlegen, doch auch stolz: Der Mittelpunk­t, das ist sein Platz, dafür macht er sich gerne zum Narren.

Entdecke den Narren in dir… Dessen Programm hat einst Karl Valentin, Münchner Original, Komiker, Bänkelsäng­er, Sprachjong­leur, vor allem aber Querdenker, so formuliert: „Mischen S’Ihnen nicht in andere Leut nein, mischen Sie sich lie- ber in sich selbst nein!“Dort, meint er, in dir selbst, entdeckst du das Alberne, Skurrile und oft Beklemmend­e und Beängstige­nde deines Lebens. Kannst, wenn man so will, unter Tränen lachen lernen und zwar über dich selbst. Sinnigerwe­ise starb Karl Valentin an einem Rosenmonta­g, vor siebzig Jahren.

Entdecke den Narren in dir… Schon Paulus wusste, wie gut das tut. Im 2. Korinther-Brief, Kapitel 11, steht ein Abschnitt, den er selbst als eine Art „Narrenrede“empfand, die alles Erwartbare aus den Angeln hob. Paulus schrieb: „Wer leidet unter seiner Schwachhei­t, ohne dass ich mit ihm leide?“Ein Motto-Lied des Menschlich­en. Paulus wusste sehr wohl, dass diese gelebte Menschlich­keit leicht auch für närrisch gelten mag. Entdecke den Narren in dir…

In diesen Sinne „Helau!“ Ulrich Kern. Pfarrer von Heilig Geist

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