Hisbollah-Lager siegt bei Parlamentswahl im Libanon
BEIRUT (ap/rtr) Die vom Iran unterstützte radikalislamische HisbollahMiliz und ihre Verbündeten haben nach inoffiziellen Berechnungen die erste Parlamentswahl im Libanon gewonnen. Regierungschef des von Spannungen zwischen den Religionsgruppen zerrissenen Landes bleibt aber voraussichtlich der vom Westen gestützte Saad al Hariri. Seine Zukunftsbewegung verliert nach eigenen Angaben ein Drittel ihrer Sitze und kommt im neuen Parlament auf 21.
Die 2013 angesetzte Wahl war abgesagt worden, weil sich die Abge- ordneten nicht auf ein neues Wahlgesetz einigen konnten. Für die jetzige Abstimmung wurde schließlich das Verhältniswahlrecht eingeführt. Die Wahlbeteiligung sank auf 49,2 Prozent von 54 Prozent 2009.
Die von den USA als Terrororganisation eingestufte schiitische Hisbollah und ihre Verbündeten sicherten sich mindestens 67 der 128 Mandate, wie aus vorläufigen Ergebnissen und Medienberichten hervorging. Sollte sich das Ergebnis bestätigen, dürfte es in den USA Besorgnis auslösen. Der Libanon enthält von der US-Regierung Militär- hilfe und weitere internationale Hilfen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise wegen des Syrien-Kriegs. Die Hisbollah unterstützt im Krieg die Regierung von Präsident Baschar al Assad und ist gestärkt aus dem Konflikt hervorgegangen. Zu ihren politischen Verbündeten gehört die christliche Freie Patriotische Bewegung von Präsident Michel Aoun.
Die christliche Partei Libanesische Kräfte kann als Hisbollah-Gegner ihre Sitze wohl von acht auf 15 fast verdoppeln.
In einer ersten Reaktion erklärte der israelische Bildungsminister Naftali Bennett, sein Land werde nicht zwischen der Hisbollah und dem Staat Libanon unterscheiden. „Hisbollah = Libanon“, schrieb er auf Twitter. Hisbollah-Anführer Sajjed Nasrallah sprach von einem „politischen und moralischen Sieg“für die einst als Widerstandsbewegung gegen Israel gegründete Gruppe.
Der Libanon gilt wegen seiner Mischung von Volksgruppen und Religionen, der Einflussnahme ausländischer Staaten und der großen Zahl von Flüchtlingen im Land als instabil. Die obersten Ämter sind an be- stimmte Religionszugehörigkeiten gebunden: Der Präsident muss maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit. Die 128 Sitze im Parlament sind ebenfalls auf die religiösen Gemeinschaften aufgeteilt. Größere politische Veränderungen wurden von der Wahl nicht erwartet.
Die nächste libanesische Regierung wird wie die amtierende wahrscheinlich eine Einheitsregierung sein. Das heißt, dass Hariri wieder mit seinen Gegnern von der Hisbollah zusammenarbeiten wird.