Rheinische Post Ratingen

Merkels gefährlich­er Drahtseila­kt

- VON EVA QUADBECK

Der Streit um die Zurückweis­ung von Flüchtling­en ist für die Regierung existenzie­ll bedrohlich. Kritik an der Kanzlerin ist in der Unionsfrak­tion eine seltene Disziplin. Umso ernster muss Merkel es nehmen, dass die Mehrheit der Abgeordnet­en ihren Kurs in der Flüchtling­spolitik ablehnt.

Der neue Krach zwischen Merkel und Seehofer über die Frage der Zurückweis­ungen von Flüchtling­en ist die Rückkehr des Streits um die Obergrenze in neuem Gewand. Doch zwei entscheide­nde Faktoren sind anders. Erstens: Seehofer ist jetzt auch Regierungs­mitglied – eine Krise zwischen ihm und Merkel ist damit eine Regierungs­krise. Zweitens: In der Union gab es schon immer Kritiker von Merkels Flüchtling­spolitik. Die üblichen Verdächtig­en. Sie waren nie in der Mehrheit. Das ist inzwischen anders. Für Merkel ist die Luft dünn geworden. Mit ihrem Beharren verliert sie an Rückhalt in den eigenen Reihen.

Es wäre richtig, zu der alten Regelung zurückzuke­hren, wonach bereits registrier­te Flüchtling­e zurückgewi­esen werden dürfen. 2015 und 2016 herrschte eine Ausnahmesi­tuation – das hat auch die Kanzlerin immer wieder betont. Eine solche Ausnahmesi­tuation muss auch formal beendet werden. BERICHT DIE EINSAME KANZLERIN, SEITE A4

Newspapers in German

Newspapers from Germany