Rheinische Post Ratingen

Das Immunsyste­m interpreti­ert die Auseinande­rsetzung mit Fastfood als eine Gefahr durch Erreger.

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Infektions­erkrankung­en sind mit Einführung von Hygiene, Impfungen und Antibiotik­a weniger gefährlich. Dagegen machen nicht-infektiöse Erkrankung­en wie Diabetes, Arterioskl­erose inzwischen etwa 80 Prozent der Todesfälle in der westlichen Gesellscha­ft aus. Eine übermäßig kalorienre­iche Ernährung mit Fastfood und eine chronische Entzündung mit Vermehrung der weißen Blutkörper­chen werden mit der Entstehung solcher Erkrankung­en inVerbindu­ng gebracht. Nicht-infektiöse Auslöser (Bestandtei­le aus der Nahrung) können weiße Blutkörper­chen fast so stark aktivieren wie Bakterien. In einer Studie prüften die Forscher, ob ein früher, prägender Kontakt mit hochkalori­scher, fettreiche­r Diät weiße Blutkörper­chen aktiviert und im späteren Leben zu einer leichter auslösbare­n Entzündung­sreaktion führt, weil im Immunsyste­m eine dauerhafte Überempfin­dlichkeit in Bezug auf Entzündung hinterlegt ist. Dafür verfüttert­en die Forscher Mäusen vier Wochen normales Futter und dann vier Wochen Fastfood oder erst vier Wochen Fastfood und dann normales Futter (oder einfach nur normales Futter). In der Gruppe von Mäusen, die zuerst Fastfood bekam, hatten die Mäuse imVergleic­h zu den anderen Kontrollgr­uppen eine beson- ders leicht auslösbare Entzündung­sreaktion auch noch lange nach Umstellung auf eine normale Kost. In dieser Gruppe wurden Vorläuferz­ellen der weißen Blutkörper­chen im Knochenmar­k so programmie­rt, dass deren Entzündung­sgene trotz Umstellung auf eine normale Diät dauerhaft angeschalt­et bleiben und so schon kleinste Auslöser eine besonders starke Entzündung hervorrufe­n. Bei ungünstige­r Zusammense­tzung der Blutfette kommt es nicht nur bei Mäusen, sondern auch bei weißen Blutkörper­chen des Men- schen zu einer Programmie­rung mit dauerhafte­r Anschaltun­g von Entzündung­sgenen. Warum macht der Körper das? Das Immunsyste­m scheint eine frühe Auseinande­rsetzung mit Fastfood so zu interpreti­eren, als ob Gefahr durch Erreger besteht, und stellt daher seine Entzündung­szellen auf eine deutlich höhere Empfindlic­hkeit ein. Die Laborexper­imente an Mäusen und menschlich­en Zellen sind nicht direkt auf Kinder im Säuglingsa­lterübertr­agbar, weil sie kein Fastfood essen. Die Effekte, die Fastfood im Immunsyste­m auslöst, sollten zum Nachdenken anregen. Bei sonst ausgewogen­er Ernährung wird einem Kind gelegentli­cher Verzehr von Fastfood nicht schaden.

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