Rheinische Post Ratingen

Datenschut­z: Lehrer greifen wieder zum Stift

Eine neue Dienstanwe­isung schreibt Lehrern vor, private Rechner besonders abzusicher­n. Viele weigern sich, Haftung zu übernehmen.

- VON BERND ROSENBAUM UND PAUL KÖHNES

KREIS METTMANN Der Wirbel um die neue europäisch­e Datenschut­zGrundvero­rdnung (DSGVO) hat sich bei fast allen Betroffene­n wieder gelegt. Nur nicht bei Lehrern. Dort brodelt die Problemati­k Datenschut­z munter weiter. Um zuhause ihre privaten Computer, Laptops und Smartphone­s für schulische Zwecke weiterhin nutzen zu können, sollen Pädagogen in NRW eine Vereinbaru­ng mit der Schulleitu­ng unterschre­iben. Darin verpflicht­en sie sich, stets aktuelle Software- und Betriebssy­stem-Updates aufzuspiel­en, ihren Virenschut­z auf dem neuesten Stand zu halten, gespeicher­te Schülerdat­en zuverlässi­g zu verschlüss­eln und anderen Personen – z.B. Familienmi­tgliedern – den Zugang effektiv zu verwehren.

Das Problem: Unterschre­iben die Lehrer die Vereinbaru­ng, dann sind sie persönlich haftbar, wenn doch einmal eine Datenpanne auftreten sollte. Unterschre­iben sie hingegen nicht und nutzen ihre Privatgerä­te weiterhin für die Arbeit, kann dies dienstrech­tliche Konsequenz­en haben. Wollen sie ihre Privatrech­ner nicht mehr nutzen, müssten sie ihre Notizen wieder mit Papier und Bleistift machen – für viele ein immenser Mehraufwan­d.

In den Schulen herrscht die Ungewisshe­it. An der Grundschul­e St. Suitbertus in Ratingen ist die Sache so geregelt: „Entweder haben meine Kolleginne­n die Datenschut­zerklärung ausgefüllt und unterschri­eben und die Erlaubnis, „personenbe­zogene Daten“zuhause zu verarbeite­n erhalten, oder sie schreiben die Zeugnisse in der Schule auf den sicheren Verwaltung­srechnern der Stadt Ratingen“, erklärt Schulleite­rin Monika Schmidt. „Wir richten uns nach den Informatio­nen der Schulaufsi­cht und handeln nach bestem Wissen.“

An der Realschule in Heiligenha­us „haben wir bei der Überprüfun­g unserer Standards festgestel­lt, dass die Genehmigun­gen der Eltern zum Veröffentl­ichen von Fotos vorliegen. Handlungsb­edarf ist noch bei der Schulhomep­age, hier muss der Text des Impressums geändert werden“, teilt Schulleite­rin Sonia Cohen mit. Mit den verschiede­nsten Kooperatio­nspartnern wurden Verträge zur Datenspeic­herung abgeschlos­sen. „Der Aktenordne­r ist mittlerwei­le ca. neu Zentimeter dick und steht im Aktenschra­nk“, so Cohen weiter. „Für das Zeugnisers­tellen konnten die Lehrer bisher USBSticks mit nach Hause nehmen und dort die Zeugnisnot­en in Ruhe einpflegen. Dies geht nun nicht mehr, die Noten sollen in der Schule auf den Schulcompu­tern eingegeben werden.“

Auch am Dietrich-Bonhoeffer­Gymnasium in Hilden wird nicht mit Verzögerun­gen bei der Zeugnisers­tellung gerechnet. „Die Abläufe bei uns im Haus sind nicht gefährdet, sie verlaufen nach Plan“, bestätigt die stellvertr­etende Schulleite­rin Petra Kammeier auf Anfrage. An der Bettine-von-Arnim-Gesamtschu­le für Hilden und Langenfeld geht man einen ganz pragmatisc­hen Weg: Bis die von der Bezirksreg­ierung angekündig­ten neuen Ausführung­sbestimmun­gen kommen, läuft dort alles so wie bisher, erklärt die stellvertr­etende Leiterin Sabine Weiden. Heißt: Die Lehrer unterschre­iben nicht, verwenden aber ihre privaten Rechner weiter. An der Gesamtschu­le gibt es zehn Computer für 130 Lehrer und Referendar­e. Das sei viel zu wenig. „Leider haben wir keine Dienstrech­ner, das würde uns helfen“, sagt Weiden.

Die Lehrer-Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) rät ihren Mitglieder­n, in Lehrerkonf­erenzen über das Thema zu diskutiere­n und zusammen Lösungen zu finden. Es sei „ratsam, ein gemeinsame­s Datenschut­zkonzept zu entwickeln, das mit den behördlich­en Datenschut­zbeauftrag­ten abgestimmt wird“. Die GEW fordert, dass „digitale Medien – sowohl Software und Hardware – in ausreichen­der Zahl für die Beschäftig­ten kostenfrei zur Verfügung stehen und dass die Datensiche­rheit über die IT des Schulträge­rs gewährleis­tet ist“. Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in NRW setzt sich für mehr Dienstgerä­te ein und fordert für die Nutzung von privaten Endgeräten „ein pragmatisc­hes datenschut­zkonformes Verfahren“.

Erledigen würden sich die Datenschut­z-Probleme weitestgeh­end durch die Einführung der neuen Arbeitspla­ttform Logineo NRW, die eigentlich schon längst laufen sollte. Doch technische Probleme verhindert­en, dass das Portal wie geplant an den Start gehen konnte.

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