UN zeichnen Bürgermeister von Altena aus
Vor neun Monaten sorgte eine Messerattacke auf Hollstein deutschlandweit für Entsetzen. Nun ist er der Europa-Preisträger des Nansen-Flüchtlingspreises der Vereinten Nationen.
Wer mit dem Altenaer Bürgermeister Andreas Hollstein sprechen möchte, muss ihn nur suchen. Ins Rathaus kommt jeder rein, Kontrollen gibt es keine. Hollstein, 55 Jahre alt und seit fast 20 Jahren Bürgermeister der sauerländischen Kleinstadt, möchte es so. Er ist ein Mann mit Prinzipien. Das wichtigste lautet: Man muss den Mund aufmachen für Menschen, die das nicht können. „Das ist der Grund, warum ich Politik mache.“Dafür wird er jetzt ausgezeichnet.
Wie die Vereinten Nationen am Montag bekanntgaben, ist Hollstein der Europa-Preisträger des Nansen-Flüchtlingspreises. Der CDU-Politiker werde für „seinen Einsatz für Flüchtlinge, seine Stadt und die Humanität geehrt“, heißt es in einer Mitteilung der UN. Auf Hollsteins Betreiben hin hatte Altena vor zwei Jahren freiwillig mehr Geflüchtete aufgenommen, als es für die Stadt mit rund 17.000 Einwohnern vorgeschrieben war. Diese leben in Wohnungen überall in der Stadt, Freiwillige helfen ihnen, sich zurechtzufinden.
Sein Engagement hätte Hollstein vor neun Monaten beinahe das Leben gekostet. In einem Imbiss in der Altenaer Innenstadt wurde er von einem Mann mit einem Messer attackiert. Zuvor hatte dieser ihn wegen seiner liberalen Flüchtlingspolitik beschimpft. Doch die Klinge verfehlte die Halsschlagader – und am nächsten Morgen saß Hollstein wie immer um halb acht im Büro. „Die Normalität hat mich zurückgeholt“, sagt er heute. „Mir und meiner Familie geht es gut.“
Ein bisschen vorsichtiger sei er schon: Wenn er abends durch die Stadt gehe, schaue er genauer hin. Personenschützer hat er aber nicht, ist wie zuvor jeden Tag im Rathaus anzutreffen. Und an seinen Überzeugungen, sagt er, habe sich sowieso nichts geändert. Ein soziales, offenes Europa ist ihm wichtig, eine Mehrheitsfähigkeit von Rechtspopulisten will er unbedingt verhindern.
Die Auszeichnung der UN sei eine große Sache, auch für Altena. „Ich freue mich über den Preis, stellvertretend für die vielen Menschen, die sich gerade jetzt engagieren“, sagt Hollstein. Er will weitermachen mit der Inklusionspolitik in seiner Stadt, ans Aufgeben hat er nie gedacht: „Ich würde alles genauso wieder machen.“
Marlen Kess