„Baby-Puder ist out“
Fieber, Halsweh, wunder Po – sie gehören zu den Klassikern unter den Beschwerden bei Kleinkindern, und alle Eltern können ein Lied davon singen. Häufig sind die Ursachen harmlos, und es lohnt sich der Versuch, die Beschwerden zunächst mit einfachen Methoden und Hausmitteln zu lindern. Wie das geht, und wann der Gang zum Arzt nötig wird, erklärt Christina Kronlage, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde in Wuppertal.
Fieber kommt bei Kleinkindern ja recht häufig vor und ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Ab wann sollten Eltern überhaupt eingreifen?
KRONLAGE Das stimmt. Fieber ist generell ein guter Unterstützer der unspezifischen Immunabwehr und hilft gegen eingedrungene Erreger wie Viren oder Bakterien. Ab 38 Grad spricht man bei Kleinkindern von erhöhter Temperatur, ab 39 Grad von hohem Fieber. Steigt die Temperatur über 39,5 Grad, sollte man zusätzlich zur physikalischen Fiebersenkung mit Medikamenten wie Paracetamol oder Ibuprofen eingreifen.
Welche Alternativen gibt es denn zu Fiebersaft und Zäpfchen? KRONLAGE Ist das Fieber nur erhöht oder maximal 39 Grad, kann man mit viel Flüssigkeit, kühler Kleidung, kühlen Wickeln, die aber höchstens zwei Grad kühler sein sollten als die Kindstemperatur, oft viel erreichen.
Was halten Sie von Tee und warmen Bädern?
KRONLAGE Die können gerade bei nicht zu hohem Fieber auch sehr gut helfen. Da dies aber kreislaufbelastend ist, sind diese Maßnahmen eher etwas für etwas ältere Kinder im Grundschulalter.
Wann sollte man auf jeden Fall den Kinderarzt aufsuchen?
KRONLAGE Auf jeden Fall, wenn das Kind länger als drei Tage hohes Fieber hat. Generell sollte man als Eltern immer auf den Allgemeinzustand des Kindes achten und auch ein Stück weit seinem Bauchgefühl vertrauen. Wenn es dem Kind sehr schlecht geht und die Flüssigkeitsaufnahme sehr gering ist, dann kann man auch nach einem halben Tag Fieber zum Arzt. Lieber einmal zu oft und zu früh gehen als zu lange warten.
Nächster Klassiker: der wunde Kin- derpo. Gibt es hier ein Patentrezept?
KRONLAGE Leider nicht. Denn ein wunder Po ist nicht so banal, wie man denkt, die Ursachen können sehr vielfältig sein. Meist ist es eine einfache Windeldermatitis, es können aber ebenso gut eine Pilzinfektion (Soor), Allergien, Ekzeme, Unverträglichkeiten mit der Ernährung der stillenden Mutter, ein Immundefekt oder andere Ursachen dahinter stecken.
Womit kann man denn zunächst versuchen, Abhilfe zu schaffen? KRONLAGE Naheliegend ist ein häufiger Windelwechsel. Außerdem sollte man zwischendurch häufig Luft an die Haut lassen. Auch Zinksalbe hilft oft sehr gut.
Dichten denn Cremes die Haut nicht zu sehr ab und verhindern die Belüftung?
KRONLAGE Das kommt drauf an. Generell gilt die Regel: ,feucht auf feucht’, das heißt, bei einem nässenden Ausschlag hilft zum Beispiel Schwarztee sehr gut: den Tee lange ziehen und abkühlen lassen, dann ein Tuch damit durchtränken und wiederholt auf die Haut auftupfen. Meist sieht man schon nach ein bis zwei Stunden eine Besserung.
Dann gilt auch „trocken auf trocken“? KRONLAGE Genau. Bei einem trockenen Ausschlag sollte man es mit Cremes, CreSas (Cremesalben) oder Salben versuchen.
Was ist mit Puder?
KRONLAGE Puder ist out. Mittlerweile weiß man, dass Puder durch das Einatmen beim Kind chemische Entzündungsreaktionen, eine so genannte Aspirations-Pneumonitis, verursachen kann. In Hautfalten verklumpt Puder und reizt die Haut durch Reibung zusätzlich.
Gibt es etwas, das man gegen die Klassiker-Kinderkrankheit Windpocken und gegen das unangenehme Jucken tun kann?
KRONLAGE Auch hier kann hochkonzentrierter Schwarztee helfen. Zwei Beutel mit heißem Wasser überbrühen, 20 Minuten ziehen und abkühlen lassen und dann leicht auf die Windpocken auftupfen. Von Meersalzbädern rate ich wegen der offenen Stellen ab – das brennt zu sehr.
Wenn Kinder laufen lernen und sich an allem festhalten, was ihnen in den Weg kommt, kann es leicht passieren, dass sie eine Tasse oder Kanne mit heißem Inhalt vom Tisch herunterreißen und sich verbrühen – was sollten Eltern in einer solchen Situation tun? KRONLAGE Unbedingt kühlen mit kaltem, fließenden Wasser. Den Wasserstrahl am besten nicht direkt auf die betroffene Stelle richten, sondern das Wasser leicht daran vorbeilaufen lassen. Sonst kommt zum Schmerz durch die Verbrühung noch der Wasserdruck hinzu.
Wann sollten Eltern mit dem Kind zum Arzt?
KRONLAGE Auch hier gilt die Drei-Tage-Regel: Wenn man es nach drei Tagen mit Hausmitteln nicht hinbekommen hat, muss der Kinderarzt nachschauen. Eltern, die sich Sorgen machen, sind natürlich auch vorher willkommen.
Letztes Thema Halsweh: Auch hier kann die Ursache harmlos sein und oft können Kinder den Schmerz nur unklar lokalisieren. Kann man den Gang zum Arzt eventuell durch Hausmittel vermeiden?
KRONLAGE Auf jeden Fall sehr gut helfen Kamille und Salbei als Tee oder zum Gurgeln. Ab dem Schulkindalter ist frischer Ingwer in frisch aufgebrühtem Wasser eine tolle Möglichkeit, da Ingwer antiseptisch gegen Viren wirkt. Auch entsprechende Lutschbonbons und viel Flüssigkeit lindern die Schmerzen. Und natürlich Milch mit Honig, was zusätzlich sehr gut gegen Hustenreiz hilft. Machen Halswickel Sinn? KRONLAGE Auf jeden Fall. Warme Quarkwickel oder in warmes Wasser getauchte Handtücher können gut helfen.
Aber mit Halsschmerzen sollte man auch nicht zu lange zu Hause herumdoktern, oder? Stichwort Abszess oder Schwellung.
KRONLAGE Auf keinen Fall. Bekommt das Kind hohes Fieber, hat starke Schmerzen oder geht es ihm insgesamt sehr schlecht, dann sollten die Eltern bitte immer sofort zum Kinderarzt gehen.