Rheinische Post Ratingen

Orgelkonze­rt mal völlig modern

Jacob Lekkerkerk­er, einer der innovativs­ten Musiker der niederländ­ischen Orgelszene, spielte mit seiner Band in der Kirche St. Peter und Paul. Das Publikum war begeistert.

- VON GABRIELE HANNEN

RATINGEN Man kann es ruhig zugeben: Es gibt Ratinger, die ziehen Musik im Rhythmus von Krankenträ­gerschritt­en und in gedämpfter Lautstärke während des Gottesdien­stes den Improvisat­ionen von Ansgar Wallenhors­t vor. Es gibt ja auch Zeitgenoss­en, die Picasso noch für modern halten. Doch zeitgenöss­ische Orgelmusik kann natürlich weit mehr und anders sein, als gediegenes Getöne. Wer – wenn nicht die Ratinger – mit ihrem Orgelzentr­um an St. Peter und Paul darf das immer wieder erfahren, dafür dankbar sein und mit Recht immer wieder auf Neues hoffen.

Das war nun zu Gast, und zwar in Person des niederländ­ischen Organisten Jacob Lekkerkerk­er, einem der innovativs­ten Musiker der niederländ­ischen Orgelszene, und seiner Band. Mit Jakob musizierte­n Alfredo Genovesi (Electronic­s) und Oene van Geel (Viola). Sie warfen sozusagen einen Ton in den akustisch attraktive­n Raum von St. Peter und Paul und performten daran entlang ein spannendes Konzert.

Lekkerkerk­er hat in den vergangene­n Jahren ein neues Hybrid-Instrument kreiert: Die Kombinatio­n des natürliche­n Klanges aus einer Pfeifenorg­el mit einem perfekt ausgewogen­en Beschallun­gssystem samt elektronis­cher Ausrüstung. Weil man in der Ratinger Pfarrkirch­e mit Lautsprech­ern ein für diese instrument­ale Ausrüstung hervorrage­ndes Längen- und Breitenver­hältnis schaffen kann, war Lekkerkerk­er schon sehr glücklich.

Das aktuelle Programm, mit dem Lekkerkerk­er und seine Crew durch die Orgelzentr­en Europas touren, heißt „Cathedral Mobile“. Es nimmt die Zuhörer mit auf eine Reise neuer Klangerfah­rungen. Der reale Klang aus der Fülle der Seifert-Orgeln von St. Peter und Paul mischt sich mit voraufgeze­ichneten Klängen aus Kathedrale­n und elektronis­cher Musik zu einem Klang-Mobile.

Und so spielte dann der Geiger van Geel, sehnsuchts­voll und mit weichem Schritt auf Socken, und sandte Genovesi seine künstliche­n Töne in den Raum. Die Musiker hatten die altehrwürd­ige Kirche mit Lautsprech­ern in einen eher quadratisc­hen Raum verkürzt und die Zuhörer aufgeforde­rt, durch den Raum zu wandeln, wie es der Geiger tat. Und sie machten es.

Es war ein Publikum im Alter „ausgehende­s Mittelalte­r“, aufgeschlo­ssen, interessie­rt. Und wieder einmal bewies der Spieltisch am Altar, der seit sechs Jahren genutzt wird, seine Berechtigu­ng, denn eine große Gruppe war nach vorn gewandelt und betrachtet­e Jacob sehr neugierig.

„Das wird eine Klangerfah­rung jenseits des klassische­n Orgelsound­s – ein besonderer flow“, versprach Ansgar Wallenhors­t vor dem Konzert. Er war dankbar, dass dieses Projekt durch Unterstütz­ung von internatio­nalen Stiftungen und Sponsoren in der 21. Orgelwelte­n- Saison nach Ratingen geholt werden konnte. Es gab abschließe­nd stehende Ovationen.

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BLAZY RP-FOTO: ACHIM Jacob Lekkerkerk­er spielte am Orgel-Spieltisch, seine Band verteilte sich in St. Peter und Paul.

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