Zehn Monate Haft für Fußball-Fan
Zehn Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, hat das Amtsgericht am Montag gegen einen Fußballfan von Holstein Kiel verhängt. Der 47-Jährige soll laut Anklage im Mai kurz vorm Zweitliga-Fußballspiel gegen Fortuna Düsseldorf im Hauptbahnhof einen Böller gezündet, vier Fortuna-Fans dadurch verletzt haben. Da der Verdächtige zum Prozess nicht erschien, ist das Urteil wegen gefährlicher Körperverletzung gestern in Abwesenheit ergangen.
Schwänzt ein Angeklagter einen Strafprozess beim Amtsrichter, kann auch in seiner Abwesenheit eine Geldstrafe oder maximal eine Haftstrafe bis zu zwölf Monate verhängt werden – allerdings nur auf Bewährung. Davon machte ein Richter am Montag Gebrauch. Laut Videos vom Tatort hatte der 47-Jährige nämlich mittags im Mai 2018 ohne Anlass einen so genannten Polenböller im Hauptbahnhof gezündet und in Richtung einer Gruppe von Fortuna-Fans geworfen. Zwei Männer und eine Frau erlitten durch den Knall jeweils Hörschäden, die bis zu vier Stunden anhielten. Ein weiterer Fortuna-Fan, neben dem der Böller offenbar detonierte, soll zusätzlich eine Schürfwunde am Bein erlitten haben.
Die Anklage wertete den Böller in der Bahnhofshalle als gefährlichen Gegenstand, die Tat als gefährliche Körperverletzung. Dass es trotz der Abwesenheit des Angeklagten zum Schuldspruch und zu einer Bestrafung kam, liegt an einer Besonderheit des Strafbefehls. Um eine solche schriftliche Entscheidung zu verhängen, muss die Schuld eines Angeklagten nämlich nicht zweifelsfrei feststehen, es genügt ein hinreichender Tatverdacht. Als Zeugen hatten die damals verletzten Fortuna-Fans den 47-Jährigen schwer belastet, außerdem konnte das Gericht auch auf Videos der Bundespolizei aus dem Bahnhofsgebäude zurückgreifen.
Diese Umstände genügten der Staatsanwältin gestern für ihren Zehn-Monats-Antrag gegen den Fußball-Fan - und dem Richter zum Erlass des entsprechenden Strafbefehls. Formell kann der 47-Jährige, sobald ihm diese Verurteilung schriftlich zugestellt wurde, noch Einspruch einlegen – und dann einen neuen Prozesstermin erzwingen.