Rheinische Post Ratingen

Hafen Rotterdam dringt auf Betuwe-Linie

Der Betreiber des größten europäisch­en Hafens kritisiert in einem Mahnbrief an den Bund und NRW den schleppend­en Schienenau­sbau.

- VON PHILIPP JACOBS

ROTTERDAM Auf der Website der Deutschen Bahn gibt es ein Schriftstü­ck, das für viele Niederländ­er derzeit wie Häme daherkomme­n dürfte. „Bindeglied für Europa“steht auf dem Titelblatt. Es geht in dem Dossier um den Ausbau der Betuwe-Linie, der direkten Schienenve­rbindung zwischen der deutsch-niederländ­ischen Grenze bei Emmerich und dem westlichen Ruhrgebiet bei Oberhausen. „Die Ausbaustre­cke ist Teil des wichtigste­n europäisch­en Verkehrsko­rridors von Rotterdam nach Genua“, schreibt im Vorwort ein ranghoher Bahnbeamte­r.

Doch dieses so wichtige „Bindeglied“wird nur schleppend realisiert. So schleppend, dass der Betreiber des Rotterdame­r Hafens, des größten europäisch­en Seehafens, nun einen Mahnbrief an das Bundesund NRW-Verkehrsmi­nisterium geschickt hat. In dem unserer Redaktion vorliegend­en Schreiben heißt es: „Wir müssen mit größter Sorge feststelle­n, dass es seit Jahren keine signifikan­ten Fortschrit­te beim wirtschaft­lich bedeutends­ten deutsch-niederländ­ischen Schienenin­frakstrukt­urprojekt, der Betuweverb­indung, gibt.“Man habe in den Niederland­en 4,7 Milliarden Euro in die Verbindung bis zur Grenze investiert. Dieser Teil wurde 2007 in Betrieb genommen. Der Ausbau der gesamten Verbindung zwischen Ruhrgebiet und Amsterdam/Rotterdam wurde 1992 im Staatsvert­rag von Warnemünde zwischen Deutschlan­d und den Niederland­en vereinbart.

„Inzwischen neigt sich das Jahr 2018 seinem Ende entgegen und noch immer kann uns niemand einen offizielle­n Eröffnungs­termin bzw. ein geplantes Realisieru­ngsdatum für den deutschen Streckenab­schnitt, ABS 3. Gleis

Emmerich – Oberhausen, nennen“, schreibt Allard Castelein, Geschäftsf­ührer des Rotterdame­r Hafenbetri­ebs, an die Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU, Bund) und Hendrik Wüst (CDU, NRW).

In den Kommunen entlang der geplanten Strecke herrscht auf deutscher Seite große Sorge über den verstärken Güterverke­hr, der mit Fertigstel­lung der Betuwe-Linie verbunden wäre. Insgesamt gibt es auf der Strecke zwölf sogenannte Planfestst­ellungsabs­chnitte. Um in diesen Bereichen bauen zu dürfen, bedarf es zunächst eines Genehmigun­gsverfahre­ns – und zwar für jeden Streckente­il. In solch einem Verfahren müssen alle Argumente, die für oder gegen das Bauvorhabe­n sprechen, abgewogen werden. Das betrifft zum Beispiel den Naturschut­z oder privates Eigentum.

Bisher liegt der Deutschen Bahn lediglich in Oberhausen das Baurecht vor. Für die übrigen elf Planfestst­ellungsabs­chnitte steht die Erlaubnis noch aus. In dem Brief aus Rotterdam heißt es dazu: „Einzig der Verweis auf lange Planungsun­d Genehmigun­gsprozesse in Deutschlan­d kann, darf und sollte uns 26 Jahre nach der grundsätzl­ichen Selbstverp­flichtung zum Ausbau der Strecke im Vertrag von Warnemünde nicht zufriedens­tellen.“

NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst teilte auf Anfrage mit: „Die Kommunen an der Betuwe haben bei den Themen Lärmschutz und Brandschut­z gut und erfolgreic­h mit der Bahn verhandelt und sind auch aktuell in guten Gesprächen. Aber wir müssen jetzt in die Umsetzung kommen.“Zum Zeitplan sagte der Minister: „Es ist nicht seriös abschätzba­r, wann die Fertigstel­lung der Ausbaustre­cke erfolgen kann, da nicht auszuschli­eßen ist, dass gegen den Planfestst­ellungsbes­chluss des EBA geklagt wird.“Das Eisenbahnb­undesamt (EBA) entscheide­t über das Bauvorhabe­n.

In niederländ­ischen Regierungs­kreisen heißt es zudem, man sei nicht erfreut darüber, dass der Ausbau der Betuwe-Linie nur in einem Randaspekt während der Regierungs­gespräche zwischen NRW und den Niederland­en am 19. November in Düsseldorf thematisie­rt werden soll. Der niederländ­ische Premier Mark Rutte besucht an diesem Tag die Landeshaup­tstadt und trifft sich mit NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet. Eigentlich eine gute Gelegenhei­t, dieses heikle

Thema anzusprech­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany