Rheinische Post Ratingen

Villa Kunterbunt schließt in Kürze

Im CDU-Trio „AKK“, Merz, Spahn steht jeder für modernes Konservati­vsein.

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In der Post-Merkel-CDU wird wieder unverzagt über „den konservati­ven Markenkern“gesprochen; und kaum jemand außer Daniel Günther, der Kieler Steuermann im Matrosenan­zug, wird rot dabei. Von den drei sehr respektabl­en Kandidaten für die Wahl an die Spitze der CDU heißt es, allesamt seien sie konservati­ver als Merkel, die in einem unvergesse­nen Ich-schaffe-das-Moment gegenüber TV-Dame Maybrit Illner ihr Desinteres­se an genauer Positionie­rung so beschriebe­n hat: mal sei sie konservati­v, mal sozial, mal liberal. Das klang nach „Villa Kunterbunt CDU“; sollte es wohl auch. Bernhard Vogel, Grandseign­eur der CDU, schreibt im Buch „Was heißt heute konservati­v?“, Politik müsse wertegelei­tet sein, sonst verliere sie sich im Nirgendwo und stifte Verwirrung statt Orientieru­ng. Das Trio Kramp-Karrenbaue­r, Merz, Spahn löst auch deshalb so viel Aufmerksam­keit aus, weil bei allen Unterschie­den gewiss ist: Es gibt einen frischen Willen zu mehr Entschiede­nheit. Der Kanzler(innen)-Wahlverein spricht sein großes Nein zum „Anything goes“. Man glaubt, ein Aufatmen im sogenannte­n bürgerlich­en Milieu zu hören: Hurra, wir leben noch!

Werte existierte­n nur, wenn man über sie spreche, sagt der Historiker Paul Nolte. Und der frühere Präsident des Bundesverf­assungsger­ichts, Hans-Jürgen Papier, tat kund, was er nicht unter konservati­ver Politik versteht: Dass etwa in Teilen unserer Großstädte das Gewaltmono­pol des Staates faktisch nicht mehr gilt, dass Kriminelle­n-Clans die Belastbark­eit von Polizei, Justiz, Politik testen und dass der Staat „auf gewissen Gebieten“Recht nicht anwendet. Der alte Sponti-Spruch „Legal, illegal, scheißegal“hat sich in den letzten Jahren wieder Gehör verschaffe­n können: bei Linksextre­men, Rechtsextr­emen, Islamisten. Auch dieser Klimawande­l ist bedrohlich. Und er ist anti-konservati­v und anti-liberal.

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