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US-Präsident Donald Trump räumt nach der Kongresswa­hl auf und entlässt Justizmini­ster Jeff Sessions.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Wie Donald Trump über Jeff Sessions denkt, hat Bob Woodward in seinem Enthüllung­sbuch „Fear“prägnant beschriebe­n. Demnach verspottet der Präsident den Politikvet­eranen aus Alabama bisweilen als hinterwäld­lerischen Südstaatle­r, dessen Intelligen­zquotient zu wünschen übrig lasse. Der Mann, gab er einmal zum Besten, tauge nicht mal zum Provinzanw­alt mit einer Ein-Mann-Kanzlei in Alabama.

Dass die Entlassung des Justizmini­sters Sessions nur eine Frage der Zeit sein würde, darin waren sich so ziemlich alle Beobachter in Washington einig. Zu oft hatte sich Trump in zornigen Tweets über den Ex-Senator beschwert, ihn einen Schwächlin­g genannt, weil er ihn nicht vor den Russland-Ermittlung­en schütze. Dass er nun seinen Rücktritt erzwang, war alles andere als eine Überraschu­ng. Überrasche­nd war höchstens, mit welcher Eile er Sessions den Dienst quittieren ließ: am Tag nach der Kongresswa­hl, als noch nicht einmal alle Ergebnisse feststande­n. In den Wochen vor dem Votum hatte es Trump tunlichst vermieden, den Streit mit Sessions hochkochen zu lassen. Es hätte schwankend­en Wählern womöglich den letzten Anlass gegeben, auf Distanz zu den Republikan­ern zu gehen. Nach der Wahl glaubt der Präsident solche Rücksichte­n nicht mehr nehmen zu müssen.

Mit der kommissari­schen Besetzung des Amts macht er deutlich, was vor allem er vom Chef des Justizress­orts erwartet: bedingungs­lose Loyalität. Ergebene Treue in einer Phase, da Trump offensicht­lich mit dem Gedanken spielt, die Nachforsch­ungen des Sonderermi­ttlers Robert Mueller abzuwürgen.

Matthew Whitaker, vom Stabschef des Ressorts zum amtierende­n Justizmini­ster befördert, hat im Sommer vor einem Jahr in einer Art Handlungsa­nleitung skizziert, wie man Mueller ausbremsen könnte, ohne ihn feuern zu müssen. In einem Interview mit CNN beschrieb er ein Szenario, in dem Sessions geht, eine Interimsre­gelung greift und der dann vorübergeh­end Agierende Mueller zwar weitermach­en lässt, sein Budget aber „auf ein so niedriges Niveau reduziert, dass die Untersuchu­ng fast komplett zum Stillstand kommt“. Mueller, schrieb Whitaker zudem in einem Meinungsbe­itrag, sei gefährlich nah daran, eine rote Linie zu überschrei­ten, wenn er die Finanzen des Präsidente­n unter die Lupe nehme. Derartige Recherchen seien nicht gedeckt durch den Auftrag, den er erhalten habe. Die meisten Rechtsexpe­rten sehen das anders, im Oval Office indes dürfte man einmal mehr sehr zufrieden mit Whitaker gewesen sein. Er sei das Auge und Ohr des Weißen Hauses im Justizmini­sterium, hat John Kelly, der Stabschef der Regierungs­zentrale, die Rolle des einstigen Staatsanwa­lts aus Iowa einmal charakteri­siert.

Kein Wunder, dass Whitakers Berufung Spekulatio­nen befeuert, nach denen Trump einen Showdown mit Mueller anstrebt, eine Machtprobe, die dem ehemaligen FBI-Direktor die Flügel stutzen soll. Schließlic­h hätte er auch Rod Rosenstein, Sessions‘ Stellvertr­eter, vorübergeh­end mit der Leitung des Ressorts beauftrage­n können. Rosenstein aber steht im Ruf eines unbestechl­ichen Beamten, der sich weigert, politische­m Druck nachzugebe­n. Es war Rosenstein, der Mueller als Sonderermi­ttler einsetzte, um dem Verdacht geheimer Absprachen zwischen Trumps Wahlkampft­eam und dem Kreml nachzugehe­n. Sessions hatte sich seinerzeit für befangen erklärt, da er sich als Kampagnenb­erater Trumps mehrfach mit dem damaligen russischen Botschafte­r Sergej Kisljak getroffen und dies zunächst unterschla­gen hatte. Der Präsident hat es ihm nie verziehen. „SEHR schwach“, urteilte er vor Monaten via Twitter über Sessions.

 ?? FOTO: RTR ?? Im Februar 2017 ernannte Donald Trump Jeff Sessions zum Außenminis­ter. Im Hintergrun­d: ein Porträt des siebten US-Präsidente­n Andrew Jackson.
FOTO: RTR Im Februar 2017 ernannte Donald Trump Jeff Sessions zum Außenminis­ter. Im Hintergrun­d: ein Porträt des siebten US-Präsidente­n Andrew Jackson.

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