Rheinische Post Ratingen

3000 Euro für Diesel-Nachrüstun­g

In Berlin einigen sich Verkehrsmi­nister und Auto-Industrie auf Hardware-Nachrüstun­gen. Hilft das gegen Fahrverbot­e?

- VON RÜDIGER FRANZ, ARNE LIEB UND FLORIAN RINKE

KÖLN Seinen Humor hat der Vorsitzend­e Richter Michael Huschens angesichts des ernsten Themas Diesel-Fahrverbot­e nicht verloren. Als der Anwalt der Klägerin Deutsche Umwelthilf­e, Remo Klinger, an das Gericht appelliert, was in anderen Städten gelungen sei, müsse doch auch in der Domstadt möglich sein, antwortet der Richter trocken: „In Köln ist vieles anders.“

Alles aber dann doch nicht. Als Huschens nach insgesamt fünf Stunden Verhandlun­g seine Entscheidu­ng verkündet, ist das Urteil eindeutig: Fahrverbot­e in Bonn und Köln. Wenig später dann die Nachricht aus Berlin: Bei einem Treffen einigen sich Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer und Vertreter der deutschen Autoherste­ller auf einen Kompromiss. Bis zu 3000 Euro zusätzlich wollen BMW, Mercedes und Volkswagen für ältere Diesel-Fahrzeuge als Zuschuss bereitstel­len, unter anderem für Hardware-Nachrüstun­gen.

Auch hier waren mehr als fünf Stunden nötig, bis es zu einer Einigung kam. Denn die Fronten waren bis zuletzt verhärtet. Daimler und Volkswagen hatten zwar signalisie­rt, grundsätzl­ich zu Nachrüstun­gen bereit zu sein – allerdings nur unter bestimmten Voraussetz­ungen. BMW-Entwicklun­gsvorstand Klaus Fröhlich betonte hingegen auch nach der Veranstalt­ung noch einmal, dass er Hardware-Nachrüstun­gen für ungeeignet hält. Eine Einigung gab es dennoch.

Zunächst wollen die Hersteller laut Andreas Scheuer die Umtauschak­tionen, bei denen sie neue Modelle mit hohen Zuschüssen in den Markt bringen, weiter vorantreib­en. „Das sind Maßnahmen, die sofort wirken“, so Scheuer: „Für die Zahl der zugelassen­en älteren Diesel-Fahrzeuge in von Fahrverbot­en bedrohten Städten

Euro 4 Euro 5 nach den Umtausch-Aktionen verbleiben­den Euro-5-Diesel wird es hersteller­spezifisch­e Maßnahmen geben.“Pro Fahrzeug würden die Hersteller bis zu 3000 Euro an Zuschuss zusagen. Das ist in etwa die Summe, die Experten für den Umbau der Abgasreini­gung bei Diesel-Fahrzeugen kalkuliere­n.

In einer Mitteilung des Verbands der deutschen Automobili­ndustrie (VDA) klingt das etwas kryptische­r. Erst 2021 werde mit Hardware-Lösungen zu rechnen sein, heißt es. Für die Zeit nach 2020 würden die drei deutschen Hersteller allerdings sicherstel­len, dass Kunden mit Euro-5-Diesel-Altfahrzeu­gen durch hersteller­spezifisch­e Angebote mobil bleiben können. „Dazu können auch Hardwarena­chrüstunge­n zählen“, teilte der VDA mit: „Die drei Corneliuss­traße, Düsseldorf Unternehme­n sagen fahrzeugbe­zogen bis zu 3000 Euro für Mobilitäts­lösungen in den Intensivst­ädten zu.“Dem Vernehmen nach wollen VW und Daimler Hardware-Nachrüstun­gen finanziere­n oder zumindest unterstütz­en, während BMW das Geld eher auf einen Neukauf anrechnen will.

Zu den 15 Intensivst­ädten, in denen der Stickoxid-Grenzwert von

40 Mikrogramm besonders deutlich überschrit­ten wird, zählt neben Köln und Stuttgart auch Düsseldorf. Dort ist man auch nach dem Berliner Kompromiss nicht zufrieden. „Es ist extrem unbefriedi­gend, wie sich die Hersteller einen schlanken Fuß machen“, sagt Düsseldorf­s Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD). Die Regierung habe sich ohne Not in die Rolle eines Bittstelle­rs begeben. Er fordert klare Fristen für eine Hardware-Umrüstung, um schnell die Luftbelast­ung zu senken und Fahrverbot­e zu vermeiden.

In vielen Rathäusern ahnt man, dass es auch schon bald die eigene Stadt treffen könnte. „Das Urteil zeigt, dass das Thema Fahrverbot auch für Essen näher rückt“, sagt Thomas Kufen, Oberbürger­meister der Stadt Essen, deren Fall in der kommenden Woche vor Gericht verhandelt wird. „Als Kommune tun wir alles dafür, um die Luftqualit­ät in unserer Stadt zu verbessern“, sagt er: „Fahrverbot­e sind in einer Stadt wie Essen nicht zielführen­d, weil sie die Probleme nur verlagern, aber nicht lösen. Bund und Land müssen dringend zielführen­de Lösungen bieten.“

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Problem-Diesel in NRW
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QUELLE: BUNDESVERK­EHRSMINIST­ERIUM | FOTO; DPA | GRAFIK: CARLA SCHNETTLER

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