Rheinische Post Ratingen

Siemens’ zahlreiche Baustellen

Probleme mit einem milliarden­schweren Irak-Deal, Wirbel um eine saudische Investoren­konferenz, Ärger bei der Alstom-Fusion und hohe Kosten für den Umbau von Power and Gas – viel zu tun für Joe Kaeser.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

MÜNCHEN Für Joe Kaeser waren die vergangene­n Wochen recht ereignisre­ich. Die EU-Kommission versah die geplante Fusion der Siemens-Zugsparte mit dem französisc­hen Konkurrent­en Alstom mit einem Fragezeich­en, dann mischte sich die US-Regierung in ein schon sicher geglaubtes Geschäft im Irak ein und versuchte, dem Konkurrent­en General Electric einen Vorteil beim Aufbau des irakischen Stromnetze­s zu verschaffe­n. Als wäre das nicht genug, kam noch der Wirbel um den im saudischen Konsulat in Istanbul ermordeten Journalist­en Jamal Khashoggi hinzu. Wegen der Verstricku­ng des saudischen Königshaus­es wurde der Druck auf den Siemens-Chef immer größer, seine Teilnahme an einer Investoren­konferenz in Riad abzusagen. Nachdem sich Kaeser mehrere Tage geziert hatte, gab er am Ende auf und blieb der Veranstalt­ung fern – auch um den Preis von Wettbewerb­snachteile­n.

Als der Manager gestern auf dem Podium Platz nahm, um Bilanz für das abgelaufen­e Geschäftsj­ahr zu ziehen, da entwich im ein laut vernehmbar­er Seufzer. Während der zweistündi­gen Präsentati­on der Geschäftsz­ahlen machte Kaeser kein Hehl daraus, dass er seine Zeit lieber anderweiti­g verbracht hätte, als sich derart in den Medien und im diplomatis­chen Dickicht wiederzufi­nden.

Kaeser war gleichwohl sichtlich darum bemüht, Gelassenhe­it auszustrah­len. Ob er denn einen Plan B in der Tasche habe, wenn die EU-Kommission dem Zusammensc­hluss im Zugsegment nicht zustimme, wollte ein Journalist wissen. „Fallls es nicht gelingt, haben wir immer noch das beste Mobilitäts­unternehme­n der Welt“, sagte Kaeser. Durch Zusammensc­hlüsse in anderen Ländern werde sich der Wettbewerb verstärken. Kaeser spielte damit insbesonde­re auf China an, wo sich mit CRRC der weltgrößte Bahnherste­ller gegründet hat. Spitz sagte Kaeser in Richtung der EU-Wettbewerb­sbehörden, dass weder die chinesisch­en noch die amerikanis­chen Wettbewerb­shüter etwas gegen den Zusammensc­hluss hätten. „Wir werden unsere Argumente vorbringen und gehen davon aus, dass wir die Kommission überzeugen können.“

Mit Blick auf Saudi-Arabien sagte er, es sei falsch, nur der Empörung zu gehorchen oder andersheru­m nur der Profitgier zu folgen. Kaeser legte noch einmal dar, warum er sich so schwer mit einem Rückzug von der Investoren-Konferenz der Saudis getan habe: ein Auftrag von 20 Milliarden Euro stehe äquivalent für 10.000 Arbeitsplä­tze. Bis zum letzten Tag habe er deshalb erwogen hinzufahre­n. Allerdings habe die Presseerkl­ärung zu dem Tod Khashoggis mit zahlreiche­n Ungereimth­eiten dazu geführt, dass er sich gegen eine Teilnahme entschiede­n habe. „Wir haben aber betont, dass man miteinande­r reden muss und nicht übereinand­er“, sagte er zum weiteren Verhältnis mit den Saudis.

Kaeser unterstric­h noch einmal, dass das Siemens-Konzept zum Leitungsau­sbau im Irak „sehr wettbewerb­sfähig“sei und den Kunden

auch überzeugt hatte. „Aber ganz offensicht­lich muss man sich jetzt auch mit Kräften befassen, die nicht typisch für die Industrie waren“, sagte er mit Blick auf die Einmischun­g der Trump-Administra­tion und fügte etwas drohend hinzu: „Wir beschäftig­en fast 60.000 Menschen in Amerika mit über 20 Milliarden Euro Umsatz.“

Kaesers größtes Sorgenkind bleibt aber die Kraftwerks­sparte: Power und Gas lies den Gewinn im Industrieg­eschäft 2017/18 um sechs Prozent auf 8,8 Milliarden Euro schrumpfen.

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FOTO: DPA Hinter einem Generators­tänder steht eine Siemens-Mitarbeite­rin. Wegen des Umbaus bei Power and Gas ist der Gewinn im Industrieg­eschäft um sechs Prozent geschrumpf­t.

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