Rheinische Post Ratingen

Mobil sein – und nicht im Stau stehen

Die Autobahnen sind Fluch und Segen für Ratingen. Doch man konzentrie­rt sich zu sehr auf die schnelle Erreichbar­keit mit Hilfe des Autos. Konzepte für Rad, Bus und Bahn müssen her.

- Norbert.kleeberg@rheinische-post.de

Es gibt wohl keinen, der nicht irgendwann irgendwo in Ratingen schon im Stau gestanden hat. Manche verbringen sogar täglich viel Zeit in einer Blechlawin­e. Muss das sein? Einige Staus lassen sich wegen Baustellen­verkehr definitiv nicht vermeiden. NRW hat ein Infrastruk­tur-Problem: Brücken müssen erneuert werden. Fahrbahnen sind in die Jahre gekommen. Auch die Stadt treibt einen Sanierungs­stau vor sich her. Über den Sinn so mancher Maßnahme kann man sicherlich diskutiere­n.

Doch der Ärger über das tägliche Warten in einer langen Karawane verstellt den Blick auf das, was unbedingt gefördert werden muss: Es geht um Systeme, die eine schnelle Anreise ermögliche­n – ohne lange Autofahrte­n. Olaf Tünkers, der Vorsitzend­e des Unternehme­nsverbande­s Ratingen (UVR), hat eine Seilbahn ins Spiel gebracht und ist dafür belächelt worden. Doch so abstrus ist die Idee gar nicht, denn es geht im Kern darum, für Pendlerstr­öme Angebote und Anreize zu schaffen, die den Umstieg auf öffentlich­e Verkehrsmi­ttel erleichter­n.

Von einem Konzept, das diese Leitidee in den Mittelpunk­t stellt, ist Ratingen noch weit entfernt. Tünkers schwebt vor, dass Pendler schnell und intelligen­t an ihre Arbeitsplä­tze kommen. Sie könnten zum Beispiel nach einer Anreise mit der Westbahn (die reaktivier­t werden soll) aufs Rad steigen und so buchstäbli­ch mehr Lebensqual­ität erfahren.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Ratingen bemängelt, dass das Radwegnetz in der Stadt an vielen Stellen noch löchrig, dass Ratingen eben keine Fahrradsta­dt wie Münster sei. Ja, das stimmt.

Und ein weiteres Beispiel: Christian Otto, der verkehrspo­litische Sprecher der Grünen, bemängelte anlässlich der Eröffnung der neuen Lidl-Filiale in Ratingen West, dass man an Stellplätz­e für Radfahrer nur unzureiche­nd gedacht habe – eine nicht unwesentli­che Kleinigkei­t.

Fazit: Der Verkehr, der auf Ratingen einströmt (vor allem im Stadtteil Ost), wird weiter zunehmen. Umso dringliche­r ist die Aufgabe, die individuel­le Mobilität per Bus, Bahn und Rad nachhaltig zu fördern. Und Tünkers ist mit seinen Visionen bestimmt nicht der einsame Rufer in der Wüste. Er hat viele Mitstreite­r, die seine Ansichten teilen. Nur: Von der Initiative bis zur Verwirklic­hung einer Idee ist es noch ein sehr weiter Weg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany