Mobil sein – und nicht im Stau stehen
Die Autobahnen sind Fluch und Segen für Ratingen. Doch man konzentriert sich zu sehr auf die schnelle Erreichbarkeit mit Hilfe des Autos. Konzepte für Rad, Bus und Bahn müssen her.
Es gibt wohl keinen, der nicht irgendwann irgendwo in Ratingen schon im Stau gestanden hat. Manche verbringen sogar täglich viel Zeit in einer Blechlawine. Muss das sein? Einige Staus lassen sich wegen Baustellenverkehr definitiv nicht vermeiden. NRW hat ein Infrastruktur-Problem: Brücken müssen erneuert werden. Fahrbahnen sind in die Jahre gekommen. Auch die Stadt treibt einen Sanierungsstau vor sich her. Über den Sinn so mancher Maßnahme kann man sicherlich diskutieren.
Doch der Ärger über das tägliche Warten in einer langen Karawane verstellt den Blick auf das, was unbedingt gefördert werden muss: Es geht um Systeme, die eine schnelle Anreise ermöglichen – ohne lange Autofahrten. Olaf Tünkers, der Vorsitzende des Unternehmensverbandes Ratingen (UVR), hat eine Seilbahn ins Spiel gebracht und ist dafür belächelt worden. Doch so abstrus ist die Idee gar nicht, denn es geht im Kern darum, für Pendlerströme Angebote und Anreize zu schaffen, die den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel erleichtern.
Von einem Konzept, das diese Leitidee in den Mittelpunkt stellt, ist Ratingen noch weit entfernt. Tünkers schwebt vor, dass Pendler schnell und intelligent an ihre Arbeitsplätze kommen. Sie könnten zum Beispiel nach einer Anreise mit der Westbahn (die reaktiviert werden soll) aufs Rad steigen und so buchstäblich mehr Lebensqualität erfahren.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Ratingen bemängelt, dass das Radwegnetz in der Stadt an vielen Stellen noch löchrig, dass Ratingen eben keine Fahrradstadt wie Münster sei. Ja, das stimmt.
Und ein weiteres Beispiel: Christian Otto, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, bemängelte anlässlich der Eröffnung der neuen Lidl-Filiale in Ratingen West, dass man an Stellplätze für Radfahrer nur unzureichend gedacht habe – eine nicht unwesentliche Kleinigkeit.
Fazit: Der Verkehr, der auf Ratingen einströmt (vor allem im Stadtteil Ost), wird weiter zunehmen. Umso dringlicher ist die Aufgabe, die individuelle Mobilität per Bus, Bahn und Rad nachhaltig zu fördern. Und Tünkers ist mit seinen Visionen bestimmt nicht der einsame Rufer in der Wüste. Er hat viele Mitstreiter, die seine Ansichten teilen. Nur: Von der Initiative bis zur Verwirklichung einer Idee ist es noch ein sehr weiter Weg.