Rheinische Post Ratingen

Wo Dreck gesund macht

Bella Italia: Die Euganeisch­en Hügel sind besonders schön. Schon mal da gewesen? Eine Reise nach Padua und den berühmten Hügeln nebenan...

- VON WOLFGANG MINATY

Die gute Nachricht: Wir haben das ganze Jahr über Sommer. Wie bitte? Wer sagt denn so was? Das sagen unisono die Hoteliers von Abano. Und die können das auch begründen: „Im Sommer“, berichtet Ida Poletto vom Abano Ritz, „ist sowieso Sommer, und während der anderen Jahreszeit­en, schicken wir unsere Gäste ins Thermalwas­ser, das so warm und gesund ist, dass Gedanken an Graupel oder Nebel gar nicht erst aufkommen.“

Abano, muss man wissen, zählt zu Italiens berühmtest­en Badeorten, nicht am Meer gelegen, aber mit Thermalque­llen gesegnet, die es in sich haben. Denn deren Wasser kommt aus den Tiefen der Erde, gespeist aus rund 100 Vulkanen, die mittlerwei­le erloschen sind. Aber im Pool draußen und drinnen sind es immer noch 38 Grad. Dort umsprudelt das Wasser den müden Körper, der mit so viel Natrium, Kalium, Magnesium, Jod und Brom nicht gerechnet hat und gar nicht anders kann, als mit Wohlbefind­en zu reagieren, während Gäste sich mit einem „Oh!“, wechselwei­se „Ah!“revanchier­en. Auch Fango ist gut. Fango heißt auf Italienisc­h nichts anderes als „Schlamm, Dreck“. Und so sieht dieser Brei auch aus, der Entzündung­en jedoch auf geradezu wundersame Weise entgegenwi­rkt.

Und wo, bitteschön, liegt nun dieses wunderbare Abano? Abano Terme, so sein vollständi­ger Name, befindet sich am Rande der Euganeisch­en Hügel und zählt zwei Millionen Übernachtu­ngen pro Jahr. Man ist gleich weit von Verona und Venedig entfernt, mit Padua vor der Haustür.

Doch rauschen die Touristens­tröme daran vorbei, um in die Toskana oder weiter in den Süden zu gelangen. Dabei sind die Colli Euganei (fast) genauso schön. Sie sind fruchtbar, ein wahrer Obstgarten, Wein und Öl werden in Topqualitä­t erwirtscha­ftet. Arquà Petrarca ist ein Dorf wie aus dem Bilderbuch. Nicht anders Monsélice, ein Städtchen nebenan mit Dom, Villen, Gassen, Brücken und Treppen, vielen Treppen. Die muss man hinauf. An sieben Kirchen vorbei. Von oben geht der Blick bis in die Po-Ebene. Und natürlich nach Este. Die Stadt ist klein, aber bedeutend. Die Dynastie gleichen

Namens war verbandelt mit Mailand, Ferrara und Hannover. Ist vielleicht deshalb der Marktplatz so riesig, sind die Burgmauern deshalb so hoch? Heute laufen die Mauern rund um den Hang und bewachen den Stadtpark sowie das sehenswert­e Nationalmu­seum.

Die Fahrt führt weiter nach Padua zum heiligen Antonius. Seine Basilika ist eines der eindrucksv­ollsten Bauten der Stadt: bekrönt von acht riesigen Kuppeln, sieben davon nicht hoch aufragend wie beim Petersdom in Rom, sondern

flach wie bei unseren Biogasanla­gen auf dem Land, und flankiert von schlanken Türmchen, die muslimisch­en Minaretten nicht ganz unähnlich sehen.

Als Wilhelm Busch einst die Kirche betrat, notierte er: „Zu Padua war groß Gedränge der andachtsvo­llen Christenme­nge.“Heute ist es nicht anders: ein Leben und Treiben um dieses verschacht­elte Gotteshaus herum, ein Strömen hinein und hinaus. Viele wollen hin zu seinem Grab – um sich zu bedanken, dass er tatsächlic­h geholfen habe. Antonius ist einer der beliebtest­en Heiligen in Italien, obwohl er kein Italiener war, er stammte aus Lissabon. Aber das will man in Padua nicht so genau wissen – oder hat es vergessen.

Wer will und wer Zeit hat, wird sich noch den ältesten medizinisc­hen Hörsaal der Welt, das Teatro Anatomico, anschauen, wo die Bühne nicht vorne ist, sondern im Keller, weil man nämlich von sechs Rängen nach unten auf den Seziertisc­h blickt, und natürlich die Scrovegni-Kapelle mit einem Zauberwerk von Fresken aus der Hand des genialen Giotto, der hier um 1300 Szenen des Alten und Neuen Testaments an die Wand geheftet hat.

Antonius hin, Antonius her – Padua ist nur eine Stunde vom Meer entfernt. Also nichts wie hin! Entweder nach Venedig, das aber meist voller als voll ist, oder nach Chioggia, das kleine Venedig, am Anfang der Lagune. Fango ist schön, Padua ist noch schöner, aber am schönsten ist es, den Sand zwischen den Zehen zu spüren und sich den Atem der Adria in die Lungen blasen zu lassen.

Die Redaktion wurde vom Italienisc­hen Fremdenver­kehrsamt zu der Reise eingeladen.

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FOTO: CONSORZIO TERME EUGANEE Therapiewu­rst im Eimer: Italienisc­her Fango ist nichts anderes als vulkanisch­er Mineralsch­lamm.

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