Merz löst scharfe Asyldebatte aus
Der Kandidat für den CDU-Vorsitz hatte bei einer Regionalkonferenz seiner Partei das Grundrecht auf Asyl infrage gestellt. Später relativierte er seine Worte jedoch.
BERLIN Mit seinem Vorstoß zur Beschränkung des Asylrechts hatte Friedrich Merz einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, vonseiten der AfD aber auch Applaus erhalten. Am Donnerstag relativierte der Kandidat für den CDU-Vorsitz seine Äußerungen dann jedoch. „Ich stelle das Grundrecht auf Asyl selbstverständlich nicht infrage, weil wir Politik aus christlicher Verantwortung und vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte machen“, teilte er mit. „Für mich steht aber fest, dass wir die Themen Einwanderung, Migration und Asyl nur in einem europäischen Kontext lösen können.“
Am Mittwochabend hatte Merz im thüringischen Seebach bei einer CDU-Regionalkonferenz angezweifelt, dass das grundgesetzlich festgeschriebene individuelle Recht auf Asyl „in dieser Form fortbestehen“könne. Er hatte auch eine Debatte darüber angeregt, einen gesetzlichen Vorbehalt für das Asylrecht in die Verfassung zu schreiben. Dafür bekam er Unterstützung von der AfD. „Der Vorschlag von Friedrich Merz zur Einschränkung des Asylrechts ist völlig richtig“, sagte AfDChef Alexander Gauland und verwies auf eine alte Forderung seiner Partei.
Aus allen anderen Parteien erntete Merz dagegen scharfe Kritik. Auch seine Mitbewerber um das Amt des CDU-Chefs gingen auf Distanz. Beide verwiesen auf die historische Grundlage dieses Grundrechts: „Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte ist vor dem Hintergrund zweier Weltkriege, von großem Leid und Vertreibungen eine große Errungenschaft unseres Grundgesetzes“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn unserer Redaktion. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer verwies auf Juden, die während der Nazi-Zeit an Grenzen zu neutralen Staaten zurückgewiesen wurden „und von dort unmittelbar nach Auschwitz deportiert und getötet worden sind“.
Aktuell touren Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn durch Deutschland. Im Kampf um den CDU-Vorsitz präsentieren sie sich in insgesamt acht Regionalkonferenzen der Parteibasis. Am 7. Dezember wird ein Parteitag entscheiden, wer den CDU-Vorsitz von Angela Merkel übernehmen soll.
Kritik an Merz kam insbesondere von der SPD. „Unser Grundrecht auf Asyl ist eine historische Errungenschaft. Daran gibt es nichts zu rütteln“, sagte Außenminister Heiko Maas unserer Redaktion. Er warnte auch: „Rechtspopulisten hinterherzulaufen, führt nur zu einer weiteren Spaltung.“
Auch in den eigenen Reihen löste Merz viel Widerspruch aus. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), warnte ebenfalls davor, das Grundrecht auf Asyl anzutasten: „Eine Begrenzung der Asylzahlen erreichen wir nicht durch eine Änderung des Grundgesetzes, sondern indem wir Fluchtursachen bekämpfen, gemeinsam mit unseren Partnern an einem solidarischen Asylsystem arbeiten und eine faire Lastenverteilung in Europa vorantreiben.“Besonders deutlich wurde der frühere Berliner Justizsenator Thomas Heilmann gegenüber seinem Parteifreund: „Die Forderung schadet der Union, weil sie eine AfD-Forderung hoffähig macht, die juristisch und praktisch keine Lösung bringt und nie kommen wird“, sagte Heilmann. Merz hat sich zuvor allerdings mehrfach klar von der AfD abgegrenzt und sich zum Ziel gesetzt, Wähler von dort zur CDU zurückzuholen.