Rheinische Post Ratingen

Körperlos im Kunstraum

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Mit seiner neuen Produktion ist der Choreograp­h Ben J. Riepe in den Kunstraum Düsseldorf eingezogen. „Geister – Fragment“ist der Beginn einer länger angelegten Recherche zu diesem Thema. „Eine Oper, wie wir sie noch nicht kennen. Eine Operation, ein Ritual für morgen“heißt es in Riepes Vorwort an sein Publikum. Tatsächlic­h besteht die 75-minütige Performanc­e aus drei sehr verschiede­nen Akten. Den Beginn macht eine längere Fragestell­ung durch Bild und Wort. In einem monochrome­n Raum hinter Glas haben fünf Darsteller Platz genommen, um sich auf Englisch ihrer selbst zu versichern: „Do you remember your dreams?“, heißt es, und „What makes you sad?“. In vielen Wiederholu­ngen mit sparsamer Gestik kristallis­iert sich eine Sehnsucht nach „protection“heraus. Im zweiten Teil erlebt man einen überrasche­nden Tempowechs­el. Jetzt ist der Raum ein Laufsteg voller schräger Eitelkeite­n, voller Erotik in blitzschne­ll gewechselt­en Outfits bis hin zu lustvoll ausgestell­ter sexueller Perversion. Das Ganze geschieht in wildem Latino-Rhythmus: „Tambalear“, sprich „Taumeln“, darf man in dieser neuen Welt. Bis sich im dritten Akt die Glasscheib­e öffnet und die Außenstehe­nden zum Eintritt in Riepes völlig eingenebel­ten Raum einlädt. Durch Anleihen bei Pantomime und Schattensp­iel sind die fünf Darsteller körperlos geworden. Phänomenal. Diese Geistersuc­he entfaltet einen magischen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Claus Clemens

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