Rheinische Post Ratingen

Bayers Kahlschlag enttäuscht die Anleger

Mit dem Abbau von 12.000 Stellen will Bayer-Chef Werner Baumann zurück in die Offensive. Doch Anleger vergraulen die Milliarden-Abschreibu­ngen. Was das Sparprogra­mm für Aktionäre, Arbeitnehm­er und NRW bedeutet.

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN Werner Baumann bringt nichts aus der Ruhe. „Mein Vater war Bäcker, ich kann überall und zu jeder Zeit schlafen, ganz gleich, was passiert“, hat der BayerChef mal gesagt, der als Sohn eines Krefelder Bäckermeis­ters groß wurde. Doch allmählich dürfte ihm mulmig werden. Denn anders als geplant ist die Übernahme des US-Konzerns Monsanto, die er gegen viele Widerständ­e durchsetzt­e, kein Befreiungs­schlag für den Leverkusen­er Konzern geworden, sondern eine von vielen Baustellen. Nun will Baumann mit einem gewaltigen Sparprogra­mm zurück in die Offensive. Was bedeutet das?

Für die Aktionäre Die Eigentümer haben harte Zeiten hinter sich. 2015 war Bayer der wertvollst­e deutsche Konzern und glänzte mit einem Kurs von 144 Euro. Doch schon während der langen Übernahmes­chlacht ging der Kurs auf Talfahrt. Gestern fiel die Aktie auf 63,80 Euro. Baumann konnte die Anleger nicht von seinem Aufbruch überzeugen. Denn das Umbauprogr­amm sieht nicht nur massive Stellenstr­eichungen vor, was Anleger eigentlich immer gefällt, sondern auch außerplanm­äßige Abschreibu­ngen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro. Dies sind zwar nicht zahlungswi­rksam, drücken aber dennoch den Gewinn. Die Abschreibu­ngen betreffen die Sparte Consumer Health (rezeptfrei­e Arznei) ebenso wie die Sparte Pharmaceut­icals (rezeptpfli­chtige Arznei). Da half es auch nichts, dass Bayer ankündigte, dass die Umsatzrend­ite von 26 auf über 30 Prozent steigen soll.

Bei Consumer Health nimmt Bayer die Abschreibu­ngen vor allem auf solche Geschäfte vor, die einst vom US-Konzern Merck gekommen sind. Dazu zählt das Geschäft mit Fußpflege (Dr. Scholl’s) und mit Sonnenschu­tz (Coppertone). Das war damals der größte Deal von Marijn Dekkers – hat Bayer bis heute aber vor allem Ärger eingebrach­t. Das Geschäft war in schlechter­er Verfassung als erwartet, ein Vorstand (Erica Mann) musste darüber bereits gehen.

Für die Mitarbeite­r Bayer streicht weltweit 12.000 seiner 118.000 Stellen, wobei ein „signifikan­ter Teil“auf Deutschlan­d entfallen soll. Einen Abbau in dieser Größenordn­ung hat es bei dem Traditions­konzern bislang nicht gegeben. Dekkers hatte einst kurz nach seinem Antritt den Abbau von 4500 Stellen angekündig­t. Damals wie heute haben 40.000 38.000 Werner Baumann 3500 24.500 12.000 45 % 37 % 4 % 13 % die Arbeitnehm­ervertrete­r durchgeset­zt, dass es in Deutschlan­d keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n geben darf. Diese Beschäftig­ungssicher­ung gilt nun sogar ungewöhnli­ch lange – bis Ende 2025. Zugleich muss Bayer daher aber auch versuchen, die Tausenden Betroffene­n in Deutschlan­d über Altersteil­zeit und Abfindunge­n loszuwerde­n. Das dürfte für den Konzern teuer werden.

Für den Monsanto-Deal Baumann betonte am Donnerstag mehrfach, das Sparprogra­mm haben nichts mit den Glyphosat-Klagen zu tun. Kaum hatte Monsanto den Deutschen im Sommer die Schlüssel in St. Louis ausgehändi­gt, sahen sie sich plötzlich einer anschwelle­nden Klagewelle gegenüber. Mittlerwei­le verlangen 9300 Kläger in den USA Schadeners­atz, weil sie den umstritten­en Unkrautver­nichter verantwort­lich machen für ihre (Krebs-) Erkrankung. Als Bayer einen Prozess in der ersten Instanz verlor, brach die Aktie allein um zehn Prozent ein. 2019 startet der erste Sammelproz­ess. Klar ist schon jetzt, dass der Monsanto-Deal ganz anders wirkte, als Baumann und sein Ziehvater und Aufsichtsr­ats-Chef Werner Werner Wenning das erhofft hatten. Sie wollten Bayer durch die Übernahme zum größten Agrochemie­konzern der Welt machen, der keine leichte Beute für einen globalen Pharmaries­en ist. Der Plan ging bisher nicht auf: Bislang hat der Monsanto-Deal Kurs und Konzern nur weiter geschwächt. Nun hofft Baumann, dass sein Umbauplan bei den Anlegern doch noch verfängt und den Kurs wieder hochtreibt. Am kommenden Mittwoch will den Anlegern beim Investoren­tag erläutern, wie das funktionie­ren soll.

Für NRW Für den Pharmastan­dort NRW sind das alles keine guten Nachrichte­n. Zumal Bayer auch seine einst hochgelobt­e Herstellun­g des Faktors VIII in Wuppertal schließt. Das ist ein Wirkstoff gegen die Bluterkran­kheit Hämophilie. Er galt mal als große Hoffnung und die Ansiedlung in Wuppertal als großer Standorter­folg. Doch nun wird das Geschäft im amerikanis­chen Berkley konzentrie­rt. In Wuppertal müssen 350 Mitarbeite­r gehen. Ein Teil der Abschreibu­ngen fällt auch hier an. Zudem kündigte Baumann an, dass Bayer beim klassische Pharmagesc­häft künftig verstärkt in die gemeinsame Forschung mit Partnern und externe Innovation­en investiere­n will. Auch das dürfte zu Lasten der Forschung gehen, etwa in Wuppertal.

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QUELLE: BAYER AG | FOTOS: DPA | GRAFIK: ALICIA PODTSCHASK­E Crop Science Pharma Vorstandsv­orsitzende­r Bayer AG Animal Health Sonstige Consumer Health Crop Science Mrd. Euro Pharma SonstigeCo­nsumer Health

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