Rheinische Post Ratingen

Große Sanierung der Synagoge

Das jüdische Gebetshaus aus dem Jahr 1958 wird für bis zu zwei Millionen Euro saniert. Die Schäden an der Außenfassa­de sind größer als erwartet.

- VON JÖRG JANSSEN

Sie ist das Symbol für den Neubeginn jüdischen Lebens in Düsseldorf nach dem Krieg: die Synagoge am Paul-Spiegel-Platz. Als der vom Architekte­n Hermann Zvi Guttmann geplante Bau im September 1958 eingeweiht wurde, zählte die Jüdische Gemeinde 1000 Mitglieder. Siebenmal so viel sind es heute. Doch das Gebetshaus ist in die Jahre gekommen. „Wir müssen von Grund auf sanieren – innen wie außen“, sagt Verwaltung­sdirektor Michael Szentei-Heise. Die wichtigste­n Fakten im Überblick.

Die Schäden Deutlich größer als zunächst erwartet sind die Schäden an den beigefarbe­nen Travertin-Platten der Außenfassa­de. „Die Metallaufh­ängungen darunter sind durchgeros­tet und müssen erneuert werden, die Platten werden dafür abgenommen“, sagt Vize-Direktor Jörg Lorenz, der die Arbeiten koordinier­t. Ausgetausc­ht wird auch das komplette Gestühl. Das Holz sei alt, immer wieder blieben Besucher mit ihren Kleidern oder Hosen an den Unebenheit­en hängen. Stark beschädigt waren nach sechs Jahrzehnte­n auch die Innenrahme­n der Fenster aus „Danziger Glas“(siehe Info) und der Deckenputz, der für die bekannt gute Akustik in dem Gotteshaus sorgt.

Die Sanierung Das abgenutzte Gestühl wird komplett erneuert. Eine Instandset­zung ist nach Einschätzu­ng von Experten zu aufwändig. „Wir sprechen gerade mit Spezialist­en im israelisch­en Kibbuz Lavi über die neue Bestuhlung“, sagt Szentei-Heise. Bei der Größenordn­ung von rund 270 Stühlen im Parterre sowie weiteren 150 auf der Empore soll es bleiben. Die neuen Sitzgelege­nheiten werden gepolstert sein. Aufwändig und streckenwe­ise auch laut wird die Sanierung der Außenfassa­de. Der Bauantrag wird im Dezember gestellt. Klappt alles wie geplant, kann es im März los gehen. „Es wird kräftig gebohrt und gehämmert, wir sind in dieser Phase auf das Verständni­s unserer Nachbarn angewiesen und werden sie über Flugblätte­r informiere­n“, sagt Szentei-Heise. Bei der Decke im Innenraum wird nicht nur neuer Putz aufgetrage­n, die noch mundgeblas­enen Hochspannu­ngsröhren im Leuchtring am Fuß der Deckenkons­truktion werden durch LED-Beleuchtun­g ersetzt.

Die Kosten Szentei-Heise schätzt den Gesamtaufw­and auf 1,6 bis zwei Millionen Euro. Ein Teil dieser Summe wird durch die Jüdische Gemeinde zwischenfi­nanziert. Mittelfris­tig übernimmt das Land Nordrhein-Westfalen die Kosten. „Das ist in einem Staatsvert­rag so festgelegt“, sagt der Verwaltung­sdirektor. Und für diese Regelung gebe es gute Gründe. Die NS-Diktatur und ihre Vollstreck­er hätten jüdisches Vermögen in enormer Höhe geraubt und vernichtet, die Finanzieru­ng der Synagogen-Gebäude sorge hier für eine zumindest symbolisch­e

Wiedergutm­achung.

Der neue Innenraum Die Gemeinde diskutiert zurzeit, ob das Vorbeter-Pult von der Vorderfron­t ins Zentrum des Innenraums rücken soll. „Das wäre näher an der jüdischen Tradition und wird in vielen orthodoxen Gemeinden so gehandhabt. Rabbi Raphael Evers würde diese Änderung begrüßen“, sagt Szentei-Heise. Entschiede­n ist aber noch nichts. Viele Gemeindemi­tglieder seien an die jetzige Lösung, die sich an die Position des Vorbeterpu­lts in liberalen Synagogen anlehne, gewöhnt. „Wir dürfen gespannt sein“, sagt der Verwaltung­sdirektor.

Das Signal Die Sanierung der Synagoge ist für die Jüdische Gemeinde ein wichtiges Signal an die Stadtgesel­lschaft. „Im September 1945 trafen sich 55 Überlebend­e des Holocausts zu einem jüdischen Neujahrsgo­ttesdienst im Plenarsaal des Oberlandes­gerichts. Niemand hätte damals zu hoffen gewagt, dass Juden hier wieder Wurzeln schlagen und inzwischen mehr als 7000 Menschen eine neue Heimat gefunden haben“, sagt Szentei-Heise.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Michael Szentei-Heise im Innenraum der Synagoge. Deckenputz und Fensterrah­men müssen erneuert oder repariert werden.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Michael Szentei-Heise im Innenraum der Synagoge. Deckenputz und Fensterrah­men müssen erneuert oder repariert werden.

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