Rheinische Post Ratingen

Junge Frau sucht ihren Lebensrett­er

Vor zwei Jahren wollte sie sich in Langenfeld von einer Brücke stürzen. Jetzt fragt sie: Wo ist der, der mich davon abhielt?

- VON ILKA PLATZEK

LANGENFELD „Ich suche meinen Retter“. Mit diesen Worten wandte sich jetzt eine Frau an unsere Zeitung und schrieb, dass sie am 20. Oktober 2016 ihrem Leben ein Ende bereiten wollte. Doch ein ihr unbekannte­r Mann hielt sie damals vom Sprung in den Tod ab. Und dafür sei sie ihm ungemein dankbar. „Mein Leben war in den letzten zwei Jahren schwierig. Deshalb fange ich erst jetzt an, nach meinem Retter zu suchen“, erklärt sie. Denn sie hat neuen Lebensmut geschöpft.

Die Frau, die ihren Namen verständli­cherweise nicht in der Zeitung lesen will, berichtet dann in einem längeren Telefonat, dass sie „seit 1999 bipolar diagnostiz­iert“sei. Betroffene pendeln dabei zwischen Depression und Manie hin und her, ohne diese Wechsel willentlic­h kontrollie­ren zu können. Seit 2004 habe sie ihre Erkrankung gut im Griff gehabt, konnte sogar halbtags arbeiten. Doch dann sei viel auf sie eingestürz­t. „2015 bekam ich Brustkrebs und überstand die Behandlung aus OP, Chemothera­pie und Bestrahlun­g relativ gut. Dann nahm ich auf Raten meiner behandelnd­en Ärzte ein Medikament, das sich negativ auf meine psychische Stabilität ausgewirkt hat“.

Im Oktober 2016 bekam die Frau, wie sie erzählt, eine schwere Depression und hatte Suizidgeda­nken. Sie ging nach eigenen Angaben freiwillig zur Behandlung in die LVR-Klinik Langenfeld, wurde dort also nicht festgehalt­en. „An diesem 16. Oktober war sie hochgradig depressiv: „Ich bin dort abgehauen, wohl nur auf Socken und zu einer Autobahnbr­ücke gelaufen. Ich war schon über das Geländer geklettert, da hörte ich eine Männerstim­me. Die sagte ungefähr: ,Tun sie es nicht!’ Und ich kletterte zurück...“Krankenwag­en und Polizei kamen und brachten die Patientin zur LVR-Klinik zurück – zur weiteren Behandlung. Heute ist sie froh, dass der Fremde nicht weggeschau­t, sondern beherzt eingegriff­en hatte „Ich wollte mich immer bei meinem Retter bedanken, denn ich bin froh, dass ich lebe.“

Ihre Depression­en hatten die Frau noch lange im Griff. „Die Suche nach meinem Retter war mir zu dieser Zeit unmöglich.“Als es ihr endlich wieder besser ging, sprach sie mit dem zuständige­n Sachbearbe­iter bei der Polizei: „Er konnte mir nur noch mitteilen, dass die Daten des Retters gelöscht worden waren. Ich habe aber noch immer den Wunsch, mich zu bedanken.“Deshalb wandte sie sich jetzt an unsere Redaktion mit der Bitte, ihr dabei zu helfen.

Die Frau weiß nur noch, dass der Fremde an jenem 20. Oktober vor zwei Jahren einen Lieferwage­n gefahren habe, „vielleicht grau“, ausgestieg­en sei und sie davon abgebracht habe, zu springen. „Da waren auch noch zwei junge Frauen.“An mehr kann sie sich nicht erinnern.

Sollte sich der unbekannte Mann in diesem Text wiedererke­nnen, wird er gebeten, sich bei der Redaktion unter langenfeld@rheinische-post.de zu melden.

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DPA ARCHIVFOTO: Depression­en nehmen Betroffene­n die Antriebskr­aft. Viele daran Erkrankte leiden unter Unruhe und Ängsten, manche wollen ihrem Leben ein Ende setzen.

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