Loveparade-Verfahren teilweise eingestellt
Gegen drei Angeklagte wird weiterverhandelt. Betroffene wie Verteidiger kritisieren das Gericht.
DÜSSELDORF (kess/dpa) Achteineinhalb Jahre nach der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten ist der Prozess gegen die meisten Angeklagten ohne Strafen zu Ende gegangen. Das Duisburger Landgericht hat das Verfahren gegen sieben der zehn Angeklagten am Mittwoch ohne Auflagen eingestellt. Weiterverhandelt wird trotzdem: Drei angeklagte damalige Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent, die eine Geldauflage in Höhe von etwa 10.000 Euro hätten zahlen sollen, hatten eine Einstellung abgelehnt.
Der Vorsitzende Richter Mario Plein bat um Vertrauen in das Gericht und seine Unabhängigkeit. Er werde zum Ende des Verfahrens in einer Schluss-Feststellung ausführen, wie sich aus Sicht des Gerichts Schuld und Verantwortung an der Loveparade-Katastrophe verteilen. Die Schuld der Angeklagten sei gering oder allenfalls mittelschwer, so die Argumentation des Gerichts. Neben Planungsfehlern sei ein kollektives Versagen vieler Personen am Veranstaltungstag mitverantwortlich für das Unglück. Die Kosten für die eingestellten Verfahren trägt die Staatskasse.
Mehrere Nebenklage-Anwälte und Angehörige von Opfern kritisierten die Einstellung. Von der Betroffenen-Initiative Lopa 2010 hieß es etwa, dass es für viele Betroffene unerträglich sei, dass die Mehrheit der Angeklagten ohne Konsequenzen aus dem Verfahren hervorgingen. Zudem kündigte die Initiative an, die sieben Angeklagten, deren Verfahren eingestellt wurde, im weiterlaufenden Prozess als Zeugen zu vernehmen. Wie viel Aussicht auf Erfolg das hat, ist aber fraglich: Als Zeugen können die sechs damaligen Mitarbeiter der Stadt Duisburg und ein Lopavent-Mitarbeiter nämlich die Aussage verweigern, wenn sie sich damit selbst belasten würden.
Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) zeigte Verständnis für beide Seiten. „Die bisherigen Prozesstage haben gezeigt, wie schwierig die Suche nach ursächlicher, individueller Schuld ist“, sagte er. „Ich verstehe allerdings auch, wenn die Angehörigen der Opfer und die Menschen, die verletzt und traumatisiert wurden, enttäuscht sind.“
Der Loveparade-Prozess gilt als einer der aufwendigsten Strafprozesse der Nachkriegszeit. Bei dem Techno-Festival waren im Juli 2010 in Duisburg in einem Gedränge 21 junge Menschen erdrückt und mehr als 650 verletzt worden. Im Dezember 2017 begann die Aufarbeitung vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft warf den Verantwortlichen schwere Planungsfehler vor. Das Gericht hatte insgesamt 59 Zeugen und acht Sachverständige vernommen.
Als einen Grund für ihre Zustimmung zur Einstellung hatte die Staatsanwaltschaft den Umstand genannt, dass am 28. Juli 2020 die Verjährung eintritt. Das nach dem Gesetz für ein Urteil erforderliche Beweisprogramm könne bis dahin nicht absolviert werden.
Verteidigerin Kerstin Stirner bezeichnete das Verfahren als „Schauprozess auf Kosten der Angeklagten und letztlich auch der Nebenkläger“. Schon vor Beginn der Hauptverhandlung sei klar gewesen, dass keiner der zehn Angeklagten verurteilt werden würde.
„Die Hauptverhandlung war ein Schauprozess auf Kosten der Angeklagten und letztlich auch der Nebenkläger“Kerstin Stirner, Verteidigerin