Rheinische Post Ratingen

Reform des Paragrafen 219a startet

- VON GREGOR MAYNTZ

Ärzte sollen straffrei darauf hinweisen können, dass sie Schwangers­chaftsabbr­üche vornehmen.

BERLIN Die Reform des Werbeverbo­ts für Abtreibung­en im Strafrecht­sparagrafe­n 219a ist mit dem von der Bundesregi­erung am Mittwoch beschlosse­nen Gesetzesen­twurf einen Schritt weiter gekommen. Ob und wann der neue Text aber im Gesetzblat­t stehen wird, ist weiterhin offen. Der Bundestag berät in der nächsten Woche erstmals darüber, Ärzten, Kliniken und anderen Einrichtun­gen künftig die Informatio­n darüber zu erlauben, dass sie Schwangers­chaftsabbr­üche vornehmen. Nähere Angaben sind jedoch einer bei der Bundesärzt­ekammer geführten Liste vorbehalte­n. Verboten bleibt zudem jede „grob anstößige Werbung“.

Die SPD hatte während der Koalitions­beratungen einen Antrag auf die Streichung des Paragrafen 219a auf den Weg gebracht und hätte mit FDP, Linken und Grünen dafür eine Mehrheit gehabt. Sie ließ ihn im Regierungs­bündnis mit der Union aber wieder fallen. Monatelang rang die Koalition um einen Ausweg und fand kurz vor Weihnachte­n zu einem „klassische­n Kompromiss“(so CDU-Rechtsexpe­rtin Elisabeth Winkelmeie­r-Becker).

„Jede Frau in einem Schwangers­chaftskonf­likt kann durch die neue Regelung die Informatio­n finden, wo in ihrer Nähe mit welchen Methoden ein Schwangers­chaftsabbr­uch durchgefüh­rt wird“, sagte Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) zu dem Kabinettsb­eschluss. Ihre Parteifreu­ndin und Justizmini­sterin Katarina Barley unterstric­h ebenfalls: „Wir stellen sicher, dass betroffene Frauen in einer persönlich­en Notsituati­on an die Infromatio­nen gelangen, die sie benötigen.“

Gleichwohl hält auch in den Reihen der SPD die Kritik an. Die Vorsitzend­e der Arbeitsgem­einschaft Sozialdemo­kratischer Frauen (ASF), Maria Noichl, sagte voraus, dass es „aus allen Reihen Gegenstimm­en“geben werde. „Natürlich wäre es mir lieb, wenn die Abstimmung im Parlament freigegebe­n würde“, sagte sie unserer Redaktion. Eigentlich gebe es im Bundestag eine „klare Mehrheit für die Abschaffun­g“des Paragrafen. Diese Mehrheit stehe hinter den Ärztinnen und Ärzten sowie den Frauen. Deshalb sei es „schlicht unglaublic­h“, dass die Union weiterhin „ein veraltetes Weltbild über Menschenle­ben“stelle.

Zu dem Kompromiss­paket gehört, dass junge Frauen künftig bis 22 die Pille als Kassenleis­tung erhalten können. Bis Jahresende sollen Vorschläge zu möglichen weiteren Abbruchmet­hoden folgen. Außerdem lässt das Gesundheit­sministeri­um die seelischen Folgen einer Abtreibung untersuche­n.

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