Rheinische Post Ratingen

Kliniken sollen Spuren sichern

Bei Sexualdeli­kten sollen Krankenhäu­ser Beweismitt­el anonym aufbewahre­n.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF In NRW sollen auch männliche Opfer sexueller Gewalt künftig anonym die Spuren der Tat sichern können. Dieser Vorschlag von CDU- und FDP-Fraktion traf im Landtag auf einhellige Zustimmung der Experten. „Dass Lösungen auch für männliche Betroffene gefunden werden müssen, ist wichtig und nachvollzi­ehbar“, sagte Conny Schulte, Sprecherin des Landesverb­ands autonomer Frauen-Notrufe NRW. Allerdings sei die Zukunft des Systems zur anonymen Spurensich­erung (ASS) aus finanziell­en Gründen schon jetzt unsicher. Daher sei es zurzeit fraglich, wie die bestehende­n Modelle wirksam ausgedehnt werden könnten.

Mithilfe von ASS können Opfer einer sexuellen Straftat ihre Verletzung­en anonym gerichtsfe­st dokumentie­ren lassen. Die oft traumatisi­erten Betroffene­n haben so die Möglichkei­t, in Ruhe zu überlegen, ob sie Anzeige erstatten möchten oder nicht. Laut einer EU-Studie von 2014 wird eine von 20 Frauen in Deutschlan­d Opfer einer Vergewalti­gung, eine von zehn erlebt andere Formen sexueller Gewalt. Fünf Prozent der Männer gaben in einer Studie an, in ihrer Kindheit sexuell missbrauch­t worden zu sein. Die Dunkelziff­ern sind noch höher.

Die nordrhein-westfälisc­he Gleichstel­lungsminis­terin Ina Scharrenba­ch (CDU) hatte im Juni eine Antragsini­tiative auf den Weg gebracht, um eine bundesweit einheitlic­he Finanzieru­ng der ärztlichen und labortechn­ischen Leistungen der ASS zu erreichen. Zu diesem Vorstoß äußerten sich die Experten jedoch skeptisch. Zunächst einmal brauche es flächendec­kende landesweit­e Lösungen, sagte Notruf-Expertin Schulte. Weil Ärzte diese Leistungen aufgrund der Anonymität nicht über die Kassen abrechnen könnten, zögen sich immer mehr Krankenhäu­ser aus der ASS zurück. Schulte und andere Sachverstä­ndige schlugen einen staatlich finanziert­en Fonds zur Überbrücku­ng vor. Zudem müssten die Untersuchu­ngsabläufe konkretisi­ert und standardis­iert werden, damit die Spuren tatsächlic­h später vor Gericht verwertbar seien.

Newspapers in German

Newspapers from Germany