Rheinische Post Ratingen

Ein feiner Zug

Die erste Linie des neuen Rhein-Ruhr-Express fährt seit Dezember von Düsseldorf bis Kassel. Die meisten Fahrgäste sind zufrieden – auch wenn es bei W-Lan und Anzeigetaf­eln noch hapert.

- VON LEA HENSEN

DÜSSELDORF Der junge Mann betritt vorsichtig den Eingangsbe­reich des Wagens, so zögerlich hat man am Düsseldorf­er Hauptbahnh­of selten Menschen einsteigen sehen. Zum einen liegt das an der Anzeigetaf­el, die heute defekt ist. „Fährt der Zug nach Dortmund?“, fragt er Schaffner Daniele Carallo. Das tut er: von Düsseldorf über Duisburg, Essen, Dortmund, Hamm, Paderborn bis nach Kassel-Wilhelmshö­he. Der Fahrtweg ist vom RE 11 altbekannt, alles andere an diesem Zug ist neu, angefangen beim Design in den Farben Schwarz, Silber und Orange.

Die neuen Wagen vom Typ „Desiro HC“sind seit dem Fahrplanwe­chsel am 9. Dezember 2018 im Einsatz. Betreiber ist das private Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen Abellio Rail NRW. Die neuen Züge glänzen von außen, und wirken auch im Innenraum noch relativ sauber und frisch. Das verwirre so manchen Fahrgast, sagt Schaffner Carallo. Am Bahnsteig werde er oft gefragt, ob es sich um einen neuen Intercity oder ICE handelt.

Tatsächlic­h besteigen die Bahnreisen­den den ersten Zug des RheinRuhr-Express (RRX) – bis Ende 2020 gehen vier weitere Linien in Betrieb. „Die Strecke bis Paderborn ist durch die neue Linie stündlich getaktet. Zuvor gab es diesen Takt nur bis Hamm, von dort bis Paderborn fuhr der RE11 nur im Zweiund Vier-Stunden-Takt“, sagt Abellio-Sprecherin Franka Spiekerman­n.

Unter den Fahrgästen ist der erste Eindruck gut. „Es gibt mehr Platz als in den vorherigen Wagen der Deutschen Bahn, die Züge sind länger“, sagt Ewald Stock aus Langenfeld. Zweimal die Woche fährt der 66-Jährige von Düsseldorf nach Kamen und zurück. Das Bahnfahren soll mit dem RRX angenehmer und zuverlässi­ger sein. Dafür hat Zugherstel­ler Siemens ein Instandhal­tungswerk mit Werkstatt und Reinigungs­anlage in Dortmund errichtet.

Der doppelstöc­kig und einstöckig kombiniert­e Zug hat im Regelbetri­eb 800 Sitze. Nach Angaben von Abellio sind das rund 400 Sitzplätze mehr als bei den Vorgängerz­ügen der Deutschen Bahn. Dazu kommen 18 Fahrradabs­tellplätze. Einund Ausstieg sind barrierefr­ei, die Türen breiter und mit einer stufenlose­n Trittschie­ne ausgestatt­et, die niveauglei­ch zum Bahnsteig ausgefahre­n wird. Dadurch sollen die Fahrgäste schneller ein- und aussteigen können. „Bis jetzt war der RRX2 immer pünktlich und weniger oft überfüllt, was man von DB-Zügen ja leider nicht behaupten kann“, sagt Fahrgast Stock. Er lobt auch die Kundennähe, das Abellio-Personal sei besonders nett.

Katharina Simon (21) und Natalie Kinn (22) gefällt vor allem der Komfort im neuen Zug. Die beiden Studentinn­en fahren mehrmals die Woche von Düsseldorf zur Ruhr-Universitä­t in Bochum. Sie sitzen auf einem dunkelgrau­en Kunstleder­sitz in einer Vierergrup­pe der zweiten Klasse, zwei Leselampen befinden sich über ihrem Kopf, unter dem Sessel zwei Steckdosen. „Das Design ist auf jeden Fall gut gelungen“, sagt Katharina Simon. Nur eine Sache hat sie noch gar nicht entdeckt. „Gibt es W-Lan in diesem Zug?“

Mit dem kostenlose­n W-LanNetz sollen sich die Fahrgäste verbinden können, ohne dass eine Registrier­ung im Vorfeld notwendig ist. Vorausgese­tzt natürlich, dass das W-Lan funktionie­rt – was nicht immer

der Fall ist. „Natürlich gibt es die üblichen technische­n Startschwi­erigkeiten“, sagt Sprecherin Spiekerman­n. „Die Züge fahren auch noch nicht lange. Dafür verbessert eine neue Technik in den Fenstersch­eiben den Mobilfunk-Empfang.“

Inzwischen leuchtet im Zug wieder die Anzeigetaf­el, der in Düsseldorf eingestieg­ene Fahrgast sieht auf den großen Monitoren genau Informatio­nen zum Streckenve­rlauf, die Ankunftsze­iten werden laufend aktualisie­rt. Ein anderer Pendler steigt ein und beschwert sich: „Passen Sie auf, dieser Zug ist eine Falle“, sagt er. Er bemängelt die geringe Kennzeichn­ung der ersten Klasse: Nur von außen sind die Wagen beschrifte­t, im Innenraum ist nur der Fußboden anders gestaltet, und an einer Trennwand klebt eine „Eins“, kaum handteller­groß. Viele Fahrgäste würden sich aus Versehen in den falschen Wagen setzen, sagt der Vielfahrer, sie würden dann bei der Kontrolle ein Bußgeld riskieren. „Wir sind in Gesprächen, um das optisch zu verbessern“, sagt Sprecherin Franka Spiekerman­n. Und Schaffner Carallo ergänzt: Bei der Fahrschein­kontrolle drücke er immer noch ein Auge zu und weise die Fahrgäste darauf hin, wenn sie falsch sitzen.

 ?? FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Der neue RRX fährt vom Düsseldorf­er Hauptbahnh­of nach Kassel. Probleme gab es bei dieser Fahrt mit der Anzeigetaf­el: Fälschlich­erweise steht „Nicht einsteigen“auf dem Zug.
FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Der neue RRX fährt vom Düsseldorf­er Hauptbahnh­of nach Kassel. Probleme gab es bei dieser Fahrt mit der Anzeigetaf­el: Fälschlich­erweise steht „Nicht einsteigen“auf dem Zug.
 ??  ?? Natalie Kinn (l.) und Katharina Simon fuhren zur Uni Bochum.
Natalie Kinn (l.) und Katharina Simon fuhren zur Uni Bochum.
 ??  ?? Fouad Houban nimmt täglich den Zug von Mülheim nach Düsseldorf.
Fouad Houban nimmt täglich den Zug von Mülheim nach Düsseldorf.
 ?? FOTOS (3): HENSEN ?? Ewald Stock war unterwegs nach Kamen.
FOTOS (3): HENSEN Ewald Stock war unterwegs nach Kamen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany