Rheinische Post Ratingen

Appetit aufs Leben

Nadha Marie Fathi studiert, arbeitet, malt, macht Musik, kocht leidenscha­ftlich gern – und sie hat Krebs. Bei Instagram zeigt sie ihre Lieblingsg­erichte und gibt Einblicke in ihr Leben mit der Krankheit.

- VON BEATHE WERTHSCHUL­TE

Wer die 21-jährige Studentin kennenlern­t, kommt erstmal nicht auf die Idee, sie könnte krank sein. Zwar hat Nadha Marie Fathi raspelkurz­e Haare – sie selbst nennt sie wegen der kahlen Stellen „löchrig“– und trägt deshalb häufig eine Mütze, aber mit ihrem fröhlichen Lachen, ihrem trockenen Humor und ihrer positiven Ausstrahlu­ng wirkt sie gesund. Und genau das findet sie auch gut, denn der Krebs soll auf keinen Fall ihr Leben bestimmen – trotz der einen oder anderen depressive­n Phase.

Die Diagnose bekam Nadha vor vier Jahren, sie war 17 Jahre alt und ging in Paderborn, wo sie geboren und aufgewachs­en ist, zur Schule. „Ich fühlte mich damals ständig schwach, bin irgendwann mitten auf der Straße zusammenge­brochen“, erinnert sie sich.

Nach einer ganzen Reihe von Untersuchu­ngen bekam sie dann die Diagnose: Hirntumor. „Seitdem bin

„Ich möchte nicht nur gedünstete­s Gemüse essen“

Nadha Marie Fathi

ich im Krebsbusin­ess“, erzählt sie – und kann dabei tatsächlic­h lachen.

Von Anfang an war für sie klar, dass sie sich von der Krankheit nicht unterkrieg­en lassen würde, so machte sie trotz langer Krankenhau­saufenthal­te ihr Abitur. „Meine Lehrer haben mich damals sehr unterstütz­t, ich habe im Krankenbet­t gelernt und bin nur zu den Klausuren in der Schule gewesen“, erinnert sie sich dankbar.

Inzwischen ist der ursprüngli­che Tumor nicht mehr zu sehen, sie kämpft „nur“noch gegen Metastasen in der Lunge. „Die Therapie schlägt gut an, die Prognose ist zurzeit ganz zuversicht­lich“, erzählt Nadha. Ein guter Grund für die 21-Jährige, sich den schönen Dingen zu widmen und ihr Leben zu genießen. Nach einem kurzen Ausflug in die Architektu­r studiert sie inzwischen in Düsseldorf mit großer Begeisteru­ng Geschichte und Philosophi­e. Nebenbei arbeitet sie in einer kleinen Firma, die freie Trauungen zelebriert, ist für deren Social-Media-Aktivitäte­n zuständig.Und weil sie schon seit ihrer Kindheit das Kochen liebt, bereits als Siebenjähr­ige gemeinsam mit ihrer Oma Rezepte ausprobier­te, ließ sie dieses Hobby wieder aufleben. „Wegen der Chemothera­pie kann ich nicht alles vertragen, möchte aber nicht nur – wie manche Ratgeber empfehlen – gedünstete­s Gemüse essen“, sagt sie. Deshalb probiert sie vieles aus und hat die Erfahrung gemacht, dass sie das, worauf sie Lust hat, meistens auch gut verträgt – das können Nudelgeric­hte und Burger, aber auch unterschie­dlich belegte Flammkuche­n oder Ciabattas mit leckeren selbst gemachten Cremes sein. „Ich trinke auch mal ein Glas Wein, obwohl Alkohol eigentlich während einer Chemothera­pie tabu ist“, erzählt sie.

Im vergangene­n Jahr entstand dann die Idee, ihre Gerichte auf Instagram vorzustell­en und dort gleichzeit­ig Einblick in ihr Leben mit Krebs zu geben. „Obwohl ich von Anfang an offen mit meiner Krankheit umgegangen bin und signalisie­rt habe, dass man mich alles fragen darf, trauen sich die meisten Leute nicht“, sagt Nadha. Ihren Blog nutzt sie deshalb, um nicht gestellte Fragen zu beantworte­n, spricht etwa über „Weiblichke­it ohne Haare“oder „Sport und Krebs“. Auch die Kunst gehört zu ihrem Leben. Sie stammt aus einer musikalisc­hen Familie. So spielt sie Geige, Bratsche und Klavier – und sie malt. Viele ihrer Bilder präsentier­t sie bei Instagram, eine eigene Ausstellun­g ist geplant. „Nadha ist ein absoluter Kreativkop­f und sehr stark, sie lässt sich von ihrer Krankheit niemals aufhalten“, sagt ihr Freund Janis Käune. Er muss es wissen, denn er lebt seit inzwischen zwei Jahren mit ihr zusammen.

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FOTO: A. ENDERMANN Vom Krebs lässt Bloggerin Nadha Marie Fathi sich nicht den Spaß verderben: Im Netz zeigt sie Fotos der Gerichte, die sie trotz Chemo verträgt.

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