Die neue Hälfte der Golden Girls
Der Wechsel von Margareta Kozuch (TuSA Düsseldorf) an Laura Ludwigs Seite löst im Beachvolleyball einen Domino-Effekt aus. Die beiden wollen bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio die Goldmedaille holen.
DÜSSELDORF Als Kira Walkenhorst Anfang Januar ihr Karriereende verkünden musste, löste das in der deutschen Beachvolleyball-Szene einen echten Erdrutsch aus. Walkenhorst, die gemeinsam mit Laura Ludwig zu dem Gesicht der Olympischen Spiele 2016 wurde, als sich die „Golden Girls“im Sand von Rio de Janeiro zur Goldmedaille baggerten, konnte nicht mehr. Rätselhafte Probleme in Schultern, Hüfte und Knien zwangen sie zum Rücktritt. Den freien Platz an Ludwigs (33) Seite, der vielleicht besten Spielerin der Welt, hat Margareta Kozuch eingenommen. Die 32-jährige gebürtige Hamburgerin, die alle nur Maggie nennen, spielt offiziell für die DJK TuSA Düsseldorf und will mit Ludwig jetzt um WM- und Olympiamedaillen kämpfen.
Auf Instagram, wo die medienaffine Kozuch derzeit fast täglich Trainings- und Reiseeindrücke mit Ludwig postet, sieht das erst einmal nach einer Menge Spaß aus. Um Spaß soll es in den Trainingslagern auf Teneriffa und in Südafrika aber in erster Linie nicht gehen, wie die Blockspielerin aus Kapstadt berichtet: „Es ist eine sehr intensive Zeit. Auf dem Court, aber auch außerhalb.“Innerhalb kurzer Zeit müssen sie und Ludwig eine Einheit werden. Schon Ende April steht in Xiamen in China vermutlich der erste Auftritt auf der World Tour an, Ende Juni ist die Heim-WM in Hamburg für die „Golden Girls 2.0“das erste große Turnier. Eine zeitliche Herausforderung? Kozuch antwortet philosophisch: „Zeit ist relativ. Wir konzentrieren uns auf das Hier und Jetzt und wollen jeden einzelnen Moment bewusst wahrnehmen.“
Persönlich haben die beiden schon seit Jugendtagen miteinander zu tun. „Wir kennen uns, seit wir 14 sind“, sagt Kozuch. „Da haben die ersten Lehrgänge mit der Jugend-Nationalauswahl angefangen, und in dem Alter erlebt man an den Wochenenden natürlich auch einige extreme Abenteuer zusammen.“Besonders an eine turbulente Reise nach Weißrussland erinnert sie sich lachend zurück: „Einmal sind wir mit einem ganz alten, wackligen Zug von Deutschland nach Minsk gefahren, haben stundenlang gequatscht. Das ist mit 14 eine Erfahrung, die im Kopf bleibt.“
Danach trennten sich die Wege für 18 Jahre. Ludwig konzentrierte sich früh sehr erfolgreich auf Beachvolleyball, während Kozuch in der Halle spielte. 2007 ging die Modellathletin ins Ausland, spielte in Italien, Russland, China und Aserbaidschan. In Italien lernte sie auch ihren Freund kennen, den Profi-Basketballer Nicolo Gorla. Sie machte 336 Länderspiele, gewann die Champions League und wurde von 2010 bis 2014 fünf Mal zu Deutschlands Volleyballerin des Jahres gewählt. 2017 folgte dann der Wechsel in den Sand, wo sie bis Ende des Vorjahres mit Karla Borger spielte – bis der Anruf von Laura Ludwig kam. „Jetzt kommt viel Neues auf mich zu. Eine komplette Veränderung“, sagt sie.
Mit ihrem Partnerwechsel hat Kozuch zwangsläufig einen großen Domino-Effekt ausgelöst. Denn wenn ein neues Team entsteht, geht in dieser Sportart zwangsläufig ein anderes kaputt – so ist das Geschäft. Karla Borger spielt fortan mit Julia Sude zusammen – und deren alte Partnerin Chantal Laboureur stand plötzlich alleine da. „Ich war fassungslos. Nach fünf gemeinsamen erfolgreichen Jahren hätte ich mir niemals vorstellen können, dass so etwas passiert“, sagte Laboureur der „Sport-Bild“. Kurz darauf holte sie sich Sandra Ittlinger ins Boot – die wiederum verließ Kim Behrens. Darauf, dass Kozuch dieses Stühlerücken im Grunde ausgelöst hat, ist sie nicht stolz. Sie weiß aber auch, dass es im Beachvolleyball nun mal so läuft. Es ist das Dilemma, Teil eines kleinen Teams, gleichzeitig aber auch für die eigene Karriere verantwortlich zu sein: „Es gibt sicher Schöneres auf der Welt. Und wenn ich es mir aussuchen könnte, wäre es anders gelaufen. Aber Karla und ich sind gut und clean auseinander gegangen.“Der Schritt sei ihr sehr schwer gefallen: „Ich habe zwei Jahre Mühe und Schweiß reingesteckt. Es ist in dem Sinne auch mein Projekt, in das ich alles investiert habe.“Sie bereut nichts: „Jetzt kann man sich fragen: Bin ich böse? Bin ich dankbar? Was nehme ich mit? Ich habe viel Erfahrung gesammelt, jetzt ist es ein neuer Lebensabschnitt. Daran will ich wachsen.“
Laura Ludwig, die von einer Babypause zurückkommt, freut sich auf ihre neue Partnerin am Netz: „Maggie bringt alles mit, was man braucht. Sie ist unheimlich athletisch, hat eine wahnsinnige Ballkontrolle und ist ein echter Fighter.“Jetzt haben die beiden Hamburger Blondinen ein klares Ziel vor Augen. „Wir sind uns alle einig: Vollgas in Richtung WM 2019 und Olympische Spiele 2020“, sagt Kozuch.