Wolf Haas bittet um Ruhe
Mucksmäuschenstill muss es sein. Darauf achtet Wolf Haas. Als nach den ersten Minuten ein Niesen zu hören ist, unterbricht er sich – aber nicht aus Verärgerung. „Die Leute, die den Tonmitschnitt machen, wird’s freuen“, sagt er schmunzelnd und unter Lachen des Publikums. Jetzt gastierte der Wiener Schriftsteller im Zakk und las aus seinem neuen Roman „Junger Mann“.
Darin erzählt Wolf Haas die Geschichte eines 13-jährigen Jungen, der in einem österreichischen Dorf der 70er Jahre aufwächst. Mit vier Jahren bricht sich der Protagonist das Bein – und stellt fest: Trostschokolade ist etwas Feines! Das führt zu weiteren Gipsverbänden und einer rasanten Gewichtszunahme. Die wird zum Problem, als sich der stämmige „Wuzel“in Elsa verliebt. Obwohl sie mit dem coolen Tscho verheiratet ist, lässt er sich nicht entmutigen und beschließt, abzunehmen.
Hier offenbaren sich die Vorleser-Qualitäten von Haas. Mit dünner Stimme trägt er den Diätplan vor: Das fade Hühnchen ohne Haut, Öl oder Butter kann man förmlich schmecken. Haas fühlt mit seinen Figuren und grinst selbst, wenn er einen Flirt zwischen dem Teenager und der koketten Elsa vorträgt. Neben der skurrilen Geschichte sorgt besonders sein österreichischer Dialekt für Lacher. Den Unterschied zwischen bayrischem „Oah“und österreichischem „Ah“kann wohl nur ein Wiener so gekonnt artikulieren. Dass Wolf Haas den Schalk im Nacken sitzen hat, zeigen auch seine Zwischenbemerkungen. Es werde eine Unterbrechung geben, sobald er das Wort „Pause“vorliest. „Es sei denn, es fällt keinem auf. Dann entfällt sie.“Philipp Sölken