Rheinische Post Ratingen

Grüne blockieren bei Maghreb-Staaten

Der Streit um eine Einstufung als sichere Herkunftsl­änder im Bundesrat droht zu eskalieren.

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BERLIN (jd/kd/qua) Die von Bundesregi­erung und Bundestag für eine Beschleuni­gung vieler Asylverfah­ren seit Langem geplante Einstufung der sogenannte­n Maghreb-Staaten und Georgien als sichere Herkunftsl­änder droht erneut am heutigen Freitag im Bundesrat zu scheitern. Wie aus Kreisen der Länderkamm­er zu vernehmen war, verhindern die Grünen in mehreren Landesregi­erungen weiter eine Zustimmung. Scharfe Kritik kam von Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU), er bezeichnet­e die Blockade als „nicht nachvollzi­ehbar“.

Bereits 2017 war die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien wegen des Widerstand­s der Grünen im Bundesrat nicht zustande gekommen. Die Anerkennun­gsquote von Asylanträg­en aus diesen Ländern lag zuletzt bei unter zwei Prozent. Grüne und Linke halten sie dennoch für nicht sicher. Staaten können als sichere Herkunftss­taaten eingestuft werden, wenn es dort in der Regel keine politische Verfolgung oder Folter gibt.

Der Bundestag hatte der Einstufung zugestimmt. Ohne ein Ja aus dem Bundesrat ist das Projekt aber nicht umsetzbar, das zu schnellere­n Asylverfah­ren und Abschiebun­gen führen soll. Zuletzt hatte das von Winfried Kretschman­n (Grüne) regierte Baden-Württember­g Zustimmung signalisie­rt. Der Entwurf enthält jetzt eine spezielle Rechtsbera­tung für besonders schutzbedü­rftige Asylbewerb­er wie Homosexuel­le. Es braucht aber die Stimmen von mindestens einem weiteren Land, in dem Grüne oder Linke in der Regierung sitzen. Von allen hieß es am Donnerstag: Wir enthalten uns oder beantragen eine Vertagung.

Aus Brandenbur­g kamen hingegen unterschie­dliche Signale. Das Kabinett habe „pflichtgem­äßes Ermessen“, also eine Entscheidu­ng vor Ort im Bundesrat beschlosse­n. Das könnte durchaus eine Option auf Zustimmung bedeuten. Brandenbur­gs Linke hingegen sagte klar: Es wird keine Zustimmung geben. Könnte das in dem Land, das im September Landtagswa­hlen hat, gar zu einem Koalitions­bruch führen? Die FDP drohte unterdesse­n, bei einer Blockade im Bundesrat den Vermittlun­gsausschus­s anzurufen.

Kretschmer sagte unserer Redaktion: „Dass die Grünen bei der Einstufung der Maghreb-Staaten und Georgiens nicht mitmachen, ist nicht nachvollzi­ehbar.“Asylbewerb­er aus diesen Ländern legten mit Hilfe von Schleppern den weiten und gefährlich­en Weg nach Deutschlan­d zurück. Sinn und Zweck der Einstufung von sicheren Herkunftss­taaten sei es, solch einen „Irrsinn“zu verhindern, indem ein Zeichen gesetzt werde, dass sich der Weg nicht lohne. Die menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal rief die Landesregi­erung hingegen auf, dem Entwurf im Bundesrat nicht zuzustimme­n. So gebe es gravierend­e Rechtsverl­etzungen in den Staaten, es brauche im Asylverfah­ren eine unvoreinge­nommene Einzelfall­prüfung.

Parallel zur Debatte um die Maghreb-Staaten hat Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag den Entwurf für das sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz in die Ressortabs­timmung gegeben. Ziel ist es, die Zahl der Abschiebun­gen zu erhöhen und auf Flüchtling­e, die ihre wahre Identität verschleie­rn, mehr Druck auszuüben. Unter anderem sollen mehr Abschiebeh­aftplätze in Deutschlan­d geschaffen werden, auch in regulären Gefängniss­en. Ausreisepf­lichtige sollen leichter als bislang in Gewahrsam genommen werden können. Auch bei diesem Gesetz ist mit strittigen Debatten zu rechnen.

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