Rheinische Post Ratingen

Die Feuerwehr hilft – auch in Afrika

Ein Düsseldorf­er Feuerwehrm­ann hilft Kollegen in Kenia und Tansania. Wo es nicht an Ausrüstung fehlt, mangelt es am Training.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Kabarnet ist eine junge Stadt. 30 Jahre jung, um genau zu sein, und 92 Quadratkil­ometer groß. Knapp 12.000 Menschen leben in der Hauptstadt des Baringo County in Kenia, es gibt 20 Grund- und drei Oberschule­n, zwei Berufskoll­egs, sieben Kindergärt­en – und eine Feuerwache. In der arbeiten vier haupt- und 20 ehrenamtli­che Feuerwehrl­eute. Mehr dürften es auch gar nicht sein: Wenn’s brennt, passen sie so schon kaum in die zwei (!) roten Autos, die mit einem Krankenwag­en den Fuhrpark der Kleinstadt komplettie­ren.

Unvorstell­bar nennt Oliver Elsner die Arbeitsbed­ingungen der afrikanisc­hen Kollegen. Er ist Berufsfeue­rwehrmann in Düsseldorf, wo es nicht bloß Rüst- und Löschfahrz­euge in allen Größenordn­ungen gibt, sondern auch noch Drehleiter­n und Sonderfahr­zeuge, sogar eins, das Ölspuren von der Straße saugt. Das Schutzziel in Düsseldorf heißt: Acht Minuten nach dem ersten Notruf muss mindestens ein Feuerwehrt­eam am Brandort sein. Im Baringo County alarmieren sich die Feuerwehrl­eute nach einem Notruf gegenseiti­g per Telefonket­te , bevor sie kilometerw­eit fahren.

„Schutzziel­e gibt es da nicht“, sagt Elsner. Sie wären auch gar nicht einzuhalte­n. Und wo es so komplizier­t ist, Feuer zu löschen, hat natürlich viel mehr Sinn, daran zu arbeiten, dass erst gar keine entstehen. „Brandschut­z ist ein wichtiges Thema, in den Grundschul­en, aber auch in den Oberschule­n, die als Internate geführt werden.“Mit Material für den Brandschut­zunterrich­t unterstütz­en Elsner und Feuerwehrl­eute aus ganz Deutschlan­d die Kenianer dabei. Und nicht nur die.

Der 2017 gegründete Verein European Support Team (EST), dem noch überwiegen­d Feuerwehrl­eute und Rettungsdi­enstler angehören, hat auch in Tansania ein Hilfsproje­kt gestartet, in Karagwe, wo die „Fire and Rescue Force“auch für den Bezirk Kyerwa mit seinen insgesamt rund 600.000 Einwohnern zuständig ist. Wenn alle im Dienst sind, hat Bezirksfeu­erwehroffi­zier Peter Mmbare stolze sechs Feuerwehrl­eute am Start, die mit einem alten japanische­n Löschfahrz­eug ganze 1000 Liter Wasser transporti­eren können. „Hydranten oder Löschwasse­r-Entnahmest­ellen wie bei uns gibt es nicht“, sagt Elsner. Bei einem Großbrand sind die tansanisch­en Feuerwehrl­eute deshalb gezwungen, immer wieder wegzufahre­n, um den Löschtank aufzufülle­n. Eine Bauingenie­urin aus dem Siegerland, die sich in der humanitäre­n Hilfe engagiert und als Mitglied einer freiwillig­en Feuerwehr auch Interesse am Brandschut­z hat, hat den Verein kontaktier­t. „Wir helfen auch dort bei der Materialbe­schaffung, haben Schutzklei­dung und – mit Hilfe eines Sponsors – auch Brandschut­zhandschuh­e hingeschic­kt“, sagt Elsner. Im Dezember war ein Kollege in Karagwe, um sich ein Bild davon zu machen, was gebraucht wird. „Material allein nutzt ja nichts, wenn es nicht einmal ein richtiges Haus gibt.“

Die ehrenamtli­chen Afrika-Helfer zahlen solche Reisen aus eigener Tasche. Auch die Hilfsproje­kte finanziert das European Support Team selbst. Nicht zuletzt deshalb ist der junge Verein auf Spenden angewiesen und setzt auch auf Sponsoring von Hersteller­n.

Gegründet hat den Verein Christian Hagedorn aus Osnabrück. Auf ihn stieß Oliver Elsner, als er selbst nach Möglichkei­ten suchte, sich zu engagieren. Elsner ist mit einer Kenianerin verheirate­t, hat durch sie Land und Leute kennen- und liebengele­rnt, aber auch die Schattense­iten selbst erlebt. „Gerade in Kenia

ist die Kluft zwischen den Großstädte­n und dem Land groß.“Die einen haben Rauchmelde­r in modernen Wohnungen, die anderen kochen in Hütten auf offenem Feuer. Natürlich interessie­rt sich Elsner, der sich vorstellen kann, seinen Ruhestand in Kenia zu verbringen, besonders für die Feuerwehr. „Es gibt viele Hilfsproje­kte für Afrika, aber die sind nichts für mich. Ich bin ein gut ausgebilde­ter Feuerwehrm­ann – das ist, was ich kann und wo ich helfen kann“, sagt er.

Auf das Projekt in Kenia ist inzwischen auch der Energiever­sorger des Landes aufmerksam geworden. Die Kenia Petrol Company will mit dem EST eine zentrale Feuerwehrs­chule für Ostafrika aufbauen. Die ersten Verträge sind unterzeich­net. „Was uns jetzt fehlt, ist noch mehr Feuerwehr-Knowhow“, sagt Elsner. Höhenrette­r, Taucher und andere Spezialist­en aus der Feuerwehr-Praxis sind gefragt. „Wir brauchen Menschen, die helfen wollen und können – und die Interesse daran haben, das Land ganz anders kennenzule­rnen, als das als Tourist möglich ist.“

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FOTOS: EST (2), SG Der deutsche Ausbilder Andre Kauffeld trainiert den Löschtrupp der Feuerwehr in Baringo County.
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Markus Fahlbusch beim Löschtrain­ing mit einem kenianisch­en Kollegen in Baringo County
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Feuerwehrm­ann Oliver Elsner sucht Unterstütz­er für den Verein.

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