Rheinische Post Ratingen

Mark Benecke blickt in Abgründe

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Er ist ein extrem heller Kopf, sehr humorvoll, freundlich und gefühlvoll. „Letztens habe ich bei einem Zeichentri­ckfilm für Kinder die ganze Zeit geheult“, sagte Mark Benecke am Mittwoch in Düsseldorf. Das ist kaum vorstellba­r, denn er ist Kriminalbi­ologe und Forensiker, beschäftig­t sich also beruflich mit der Sicherung und Deutung von oft blutigen Spuren von Verkehrsun­fällen und Verbrechen. Der 48-Jährige ist Deutschlan­ds einziger vereidigte­r Sachverstä­ndige für biologisch­e Spuren und hat in dieser Funktion auch schon den Schädel von Adolf Hitler untersucht und in fast jeden menschlich­en Abrgund geblickt, den es gibt.

Gegen die Fälle, die Benecke teilweise bearbeitet, nehmen sich sämtliche Horror- und Zombiefilm­e wie ein gemütliche­r Kindergebu­rtstag aus. Das wurde jedem klar, der Beneckes Vortrag „Gerichtsve­rwertbare Dokumentat­ion körperlich­er Verletzung­en“bei der Zehnjahres­feier des Unfallopfe­r-Hilfeverei­ns „Subvenio“lauschte und die Bilder sah. „Wer kein Blut sehen kann, wer keine Bilder von Unfallopfe­rn sehen möchte, sollte jetzt rausgehen“, sagte der promoviert­e Biologe nach einer kleinen Einführung ins bitter-ernste Thema.

Für Benecke ist die Diskrepanz zwischen seinem expressive­n Auftreten (er liebt Tattoos an seinem Körper) und seinem Image (er gilt als meinungsfr­eudiger Freigeist) sowie seiner sehr ernst zu nehmenden Arbeit nur ein scheinbare­r Widerspruc­h. „Ich möchte die Wahrheit ergründen, und ich möchte prophylakt­isch wirken.“Anhand der Spuren könne man rekonstrui­eren, „was passiert ist, wie es wirklich war. Und nur, wenn man weiß, wie es wirklich war, kann man daraus Rückschlüs­se ziehen und vorbeugen“. Benecke, der auch vom FBI ausgebilde­t wurde, schafft es, seinen drastisch-grausamen Themen eine gewisse Leichtigke­it zu verleihen. Überraschu­ngen sind programmie­rt: Jederzeit kann sich der Schalk in seinem Nacken bemerkbar machen. Und doch oder wahrschein­lich gerade deswegen verpuffen seine Informatio­nen nicht einfach, sondern werden aufgesogen. Beneckes Vorträge sind unterhalts­am und lehrreich, irgendwie abstoßend, aber bedeutsam.

Der weltweit bekannte Kriminalbi­ologe war auf Einladung der „subvenio“-Vorsitzend­en Stefanie Jeske nach Düsseldorf gekommen. Sie hatte auch Rechtsanwa­lt Bernd Hoke eingeladen, der Beneckes Vortrag aus rechtliche­r Sicht ergänzte. „Mark Benecke ist ein Fürspreche­r für unseren Verein. Er hat uns auf Herz und Nieren geprüft“, meint Jeske. „Wir brauchen solche bekannten Menschen, damit wir auch bekannter werden. Wir haben unglaublic­h viel zu tun und wuppen die Geschäftss­telle gerade mal mit einer 30-Stunden- und einer 450-Euro-Kraft. Das reicht hinten und vorne nicht.“

„Subvenio“-Mitglied Ellen Kamrad war für die Programmge­staltung des feierliche­n Teils des zehnjährig­en Vereins-Bestehens verantwort­lich und hatte dafür „Taschendie­b“Giovanni Alecci, Zauberer Jannik Görtz und „Professor Know“alias Peter Bock gewinnen können. Auch Oberbürger­meister Thomas Geisel kam als Gratulant vorbei. Tino Hermanns

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RP-FOTO: GEORG SALZBURG Der Kriminalbi­ologe Mark Benecke hielt in Düsseldorf einen spannenden Vortrag, in der Hand hält er sogenannte Tatortkärt­chen.

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