Rheinische Post Ratingen

Aufschrei der Tänzerinne­n

Die Choreograp­hin Maura Morales reagiert mit „Phobos“auf die Skandale um sexuelle Gewalt.

- VON CLEMENS HENLE

Der weibliche Körper in Zeiten von immer neuen Skandalen um sexuelle Belästigun­g und Gewalt in der Kunstwelt steht im Mittelpunk­t des neuen Stückes „Phobos“der in Düsseldorf beheimatet­en Choreograp­hin Maura Morales. Selbstbewu­sst, aber auch voller Wut fassen sich die fünf Tänzerinne­n ihrer Compagnie Cooperativ­a Maura Morales darin immer wieder an die Brüste oder zwischen die Beine. Mit zuckenden, roboterhaf­ten Bewegungen tanzen und springen sie im FFT vor Zorn und Angst zitternd durch das gut 80-minütige Stück. Begleitet werden sie von der Musik von Morales ständigem Kollaborat­eur Michio Woirgardt und seinen düsteren elektronis­chen Beats.

In einem aufwühlend­en Monolog bringt Tänzerin Kalin Morrow das Thema des Stücks auf den Punkt: „Es geht um meinen Körper. Es ist Angst in unseren Genen.“Die anderen Tänzerinne­n nehmen anschließe­nd einmalig die männliche Position ein, indem sie überspitzt lachend auf die Rede antworten. Wie in einem Musikvideo tanzen sie dann zu billigem Pop-Techno und werfen mit Phrasen um sich, die das gängige, durch Instagram geprägte Schönheits- und Körperidea­l von Frauen reproduzie­ren.

Der Titel des Stückes ist der griechisch­en Mythologie entnommen. Dort ist der Dämon Phobos die personifiz­ierte Angst, er tritt zusammen mit dem Schreckens­dämon Deimos auf. Aus der getanzten Angst in „Phobos“wird aber immer wieder ein unbändiger Mut, sich mit Geist und Körper den Verhältnis­sen entgegenzu­stellen. Am deutlichst­en wird das durch das energische, teils aber auch zärtliche Zusammensp­iel der Tänzerinne­n. Jeder Handgriff sitzt, sie unterstütz­ten einander, die Bewegungen sind immer synchron: Die technisch höchst anspruchsv­olle Choreograp­hie von Morales bewältigen die Tänzerinne­n mit Bravour. Sehr fordernd soll Morales in den Proben gewesen sein und ihre Tänzerinne­n, die einander erst zu Probenbegi­nn kennenlern­ten, immer weiter angetriebe­n haben. Das hat sich ausgezahlt.

Herausgeko­mmen ist ein mitreißend­es Tanzstück, das trotz des ernsten Themas durch wahnsinnig­e Tanzfreude und technische­s Können begeistert. Während der zeitgenöss­ische Tanz oftmals verkopft und wenig tänzerisch daherkommt, gibt es in diesem Stück eine geballte Ladung Energie, Mut, Wut, Zusammenha­lt und Könnerscha­ft auf der Bühne zu sehen.

Info Samstagabe­nd, 20 Uhr, gibt es eine weitere Aufführung im FFT Juta, Kasernenst­raße 6. Karten an der Abendkasse oder unter www.fft-duesseldor­f.de.

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FOTO: KLAUS HANDNER Szene aus „Phobos“von Maura Morales. Die Choreograp­hin der Compagnie stammt aus Kuba und lebt in Düsseldorf.
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