Grün ist die jecke Farbe der Schirmherren
Das Ratinger Unternehmer-Netzwerk „run“begleitet den Karneval durch die Session. Die ganz großen Auftritte kommen noch.
RATINGEN Zum Schirmherrn passt die Schirmherrin und beides passt mit erforderlichem Ernst zu allen möglichen Veranstaltungen. Meistens fragt man sich, was das ganze denn soll. Schul- und andere Feste gehen auch ohne Schirmherrn über die Bretter. Und die Reden manchen Schirmherrn sind verzichtbar.
Ein schlaues Internet-Lexikon weiß zu verkünden: „Manche Schirmherren unterstützen aber auch mit aktiver Werbung und setzen ihre guten Kontakte dafür ein, weitere Unterstützer zu gewinnen. Schirmherrschaft ist jedoch – anders als Werbung oder auch Sponsoring
Einige waren gleich Feuer und Flamme, andere hielten sich eher bedeckt, noch andere werden auf keine Bühne gehen
– üblicherweise nicht mit Geldflüssen verbunden.“– Da kennt man Ratingen nicht. Hier besteht der Nutzen nicht allein aus einem Image-Gewinn, hier geht es auch um Geld, gute Worte, Umtriebigkeit und Popularität. Dieses Jahr ist es das Ratinger Unternehmer-Netzwerk „run“, das den Schirm übers Brauchtum spannt und so dem üblichen Netzwerken von Dienstleistern aus der Region Ratingen eine jecke Schattierung gibt.
Ganz leicht haben es sich die Mitglieder nicht gemacht, diesen Job zu übernehmen. Einige waren gleich Feuer und Flamme, andere hielten sich eher bedeckt, noch andere werden für kein Geld in der Welt beim Zug durch die Veranstaltungen auf eine Bühne gehen. Aber – der Beschluss zum Mitmachen fiel einmütig, auch die dazu nötige Beitragserhöhung wurde solidarisch beschlossen. Wie viel Geld nun fließt, wird dezent verschwiegen. Es wird nicht wenig sein.
Erst einmal muss eine Menge Zeit investiert werden, mussten Orden und Pins beschafft werden, gehören auch die mehr oder weniger witzigen Schiffchen fürs Haupt zum frohen Treiben. Orden und Pins kosten – betrachtet man die Angebote einschlägiger Hersteller – um die vier Euro pro Pin und bis zu 30 Euro für einen Orden.
Und für die glimmernden Seiden-Kopfbedeckungen muss man – auch für die wirklich kleinen Damen-Modelle – wenigstens 100 Euro hinblättern, Dann ist es aber auch garantiert Maßarbeit.
Ausgewiesene Tage der Schirmherren und -herrinnen sind der Rosenmontag, an dem die run-Leute ihre Schirme über den Zug halten, und der Altweibertag. Im normalen Karnevalsgeschehen gehen meist um die zehn der 18 Vereins-Mitglieder zu den rund 200 Veranstaltungen, toben winkend auf der Bühne oder lächeln eher milde.
Eine besondere Feinheit ist die eher sparsame Kostümierung: Die Herren tragen wilde, grüne Fliegen zum weißen Hemd und schwarzen Anzug. Die Herrinnen haben sich ebenfalls für eine schwarz-weiße Grundgarderobe entschieden und
legen mit grünen Federboas den kleinsten gemeinsamen Nenner an Verkleidung um den Hals, Boas, die als ergänzendes Schmuckelement vornehmlich bei besonderen Anlässen, wie beispielsweise im Karneval, auch heute noch sehr gebräuchlich sind.
Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass Boas im Showgeschäft, in Travestieshows auch stilbestimmend sind. Und, Achtung: Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts war in vielen Varietees und Nachtclubs die Boa ein erotisierendes Utensil von Showtänzerinnen und Prostituierten. Die grünen Feder-Modelle der Geschäftsfrauen jedenfalls fusseln ziemlich und hinterlassen so deutlich Spuren – und das ist nicht erotisierend.
Also schauen die Profi-Jecken und ihre klugen Verwalter, dass sie mit dem geflossenen Geld von run möglichst weit kommen und die Variante Lackschuhkarneval auch im Sortiment haben.
Sie reisen in gesponsorten Wagen von Event zu Event, trinken dort Alkoholfreies, werden sich demnächst, wenn sich die Auftritte häufen, sicher auch mal ein „Bütterken“einpacken müssen und freuen sich, dass ihre Idee mit den run-Panini-Bildern bei allen so gut angekommen ist.
Und am Donnerstag, 28. Februar, da lässt zumindest der Schirmherrinenteil der Gruppe so richtig die Kuh fliegen. Dann ist bei den alten Weibern eine richtige Verkleidung angesagt.