Rheinische Post Ratingen

Bade-Paradiese verbannen Sonnencrem­es

Palau und Hawaii verbieten bald Sonnencrem­es mit Inhaltssto­ffen, die Korallen schaden. Andere Reiseziele könnten folgen. Welche Alternativ­en haben Urlauber? Und wie lassen sich der Schutz der Haut vor gefährlich­er UV-Strahlung und Umweltschu­tz vereinbare­n

- VON TOM NEBE

Der Pazifiksta­at Palau wagt eine radikale Maßnahme zum Schutz der Umwelt: Bestimmte Sonnencrem­es sind auf der tropischen Insel ab Januar 2020 verboten, weil sie die Korallen beschädige­n. Auf der Giftliste der Substanzen, die das Gesetz nennt, stehen etwa Oxybenzon und das in vielen hierzuland­e verkauften Cremes enthaltene Octocrylen. Sonnenschu­tz mit diesen Inhaltssto­ffen soll beschlagna­hmt werden, wenn ausländisc­he Besucher ihn mit ins Land bringen. Palau könnte Vorreiter sein.

Im US-Bundesstaa­t Hawaii gilt ab 2021 ein Verbot von Cremes, die Octinoxat oder Oxybenzon enthalten. Laut einem Bericht der „New York Times“wird geschätzt, dass rund 14.000 Tonnen Sonnencrem­e pro Jahr in die Ozeane gelangen – in Riffen bei Hawaii und in der Karibik hätten sich die deutlichst­en Schäden gezeigt.

Tatsächlic­h stehen die Inhaltssto­ffe bestimmter Sonnencrem­es im Verdacht, Korallen und Fische zu schädigen. Konkret geht es um chemische UV-Filter, vor allem Octinoxat und Oxybenzon. Das wirft die Frage auf: Wie können Urlauber ihre Haut schützen, ohne das empfindlic­he Ökosystem unter Wasser zu belasten?

Riffökolog­in Sonia Bejarano kennt die Wirkung von Octinoxat und Oxybenzon auf Korallen. Sie schädigten Zooxanthel­len – einzellige Algen, die in Symbiose mit Korallenpo­lypen leben und ihnen Farbe und Energie verleihen. Dadurch tragen die Stoffe zum Ausbleiche­n der Steinkoral­len bei, was teilweise oder vollständi­g zu deren Absterben führen kann, wie die Forscherin vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenfors­chung in Bremen erklärt.

Obwohl die Forschunge­n nicht unumstritt­en sind, gebe es viele wirkungsvo­lle Alternativ­en zu solchen Cremes, sagt Professor Rolf-Markus Szeimies, Chefarzt der Klinik für Dermatolog­ie und Allergolog­ie im Knappschaf­tskrankenh­aus Recklingha­usen. „In der EU generell gibt es eine Fülle an chemischen UV-Filtern, die für Sonnenschu­tz zur Verfügung stehen.“Zwar enthielten einige Produkte einen der beiden Filter, doch wer diese vermeiden will, kann einfach auf der Verpackung­srückseite nachschaue­n.

Doch auch ein hierzuland­e verbreitet­er UV-Filter kann nach Ansicht von Forschern Meeresbewo­hner schädigen: Octocrylen. Diesen Stoff fanden die Experten der Zeitschrif­t „Öko-Test“im Frühjahr 2018 in mehr als der Hälfte der 27 getesteten Cremes. Octocrylen soll sich in lebenden Organismen wie Muscheln und Austern ansammeln und störe bei Fischen die Entwicklun­g von Gehirn und Leber.

Chemische UV-Filter, die bestimmte UV-Strahlung in andere Energiefor­men wie Wärme umwandeln, sind nicht alternativ­los. Urlauber können auch auf Cremes mit physikalis­chen Filtern wie Titandioxi­d oder Zinkoxid setzen, die Sonnenstra­hlen reflektier­en und sie damit von der Haut fernhalten. Es wird allerdings diskutiert, ob diese Stoffe gesundheit­sschädlich sind. Szeimies hält sie für unbedenkli­ch, sofern sie – wie bei Sonnencrem­es – gebunden auf die Haut aufgetrage­n werden. „Öko-Test“rät grundsätzl­ich zu Produkten mit physikalis­chen UV-Filtern. Für Sprays gilt diese Empfehlung jedoch nicht, wie Redakteuri­n Svenja Markert klarstellt. Denn sie können eingeatmet werden – und das könnte problemati­sch sein.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE Geht Haut- und Umweltschu­tz? Ja, nicht alle Sonnencrem­es stehen in Verdacht, dem Meer zu schaden. Besser ist es, auf textilen Schutz zu setzen und im Schatten zu bleiben.

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