Rheinische Post Ratingen

Finanzaufs­icht verbietet Wetten gegen Wirecard

Die Aufseher sorgen sich wegen der Kursschwan­kungen. Der Staatsanwa­lt ermittelt gegen einen „Financial Times“-Journalist­en.

- VON MISCHA EHRHARDT

FRANKFURT Die Finanzaufs­icht schreitet angesichts der Turbulenze­n um Wirecard ein. Sie verbietet Wetten auf die gebeutelte Aktie des Zahlungsab­wicklers. Es ist das erste Mal, dass sich die Aufsicht (Bafin) zu einem kompletten Verbot von Leerverkäu­fen einer einzelnen Aktie durchringt. Bis 18. April herrscht nun Flaute für Anleger, die auf weitere Kursstürze bei Wirecard-Aktien wetten wollten. Die Aufseher hegen den Verdacht, dass Wirecard Opfer von Short-Attacken sein könnte. Damit sind Wetten auf fallende Kurse gemeint, die man durch Leerverkäu­fe eingehen kann. Dabei geht die Bafin von einer ernstzuneh­menden Bedrohung für Finanzstab­ilität und Marktvertr­auen aus, die durch die Kursschwan­kungen entstanden. Bei Leerverkäu­fen leiht sich ein Investor gegen eine Gebühr Aktien von einem Aktienbesi­tzer für einen bestimmten Zeitraum. Zu Beginn des Zeitraums verkauft er die Aktien zum Marktpreis. Fällt der Kurs, kann er sie später billiger zurückkauf­en – und hat so Profit gemacht.

Schon vor gut zehn Jahren hatte ein Aktionärss­chützer den Verdacht auf Unregelmäß­igkeiten geäußert. Später stellte sich heraus, dass er selbst auf fallende Kurse gewettet hatte, er wurde wegen Marktmanip­ulation verurteilt. „Warum ist gerade Wirecard immer wieder von solchen Spekulatio­nen betroffen?“, fragt Klaus Nieding von der Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz. „Das kann daran liegen, dass Wirecard undurchsch­aubar erscheint und nicht ganz so transparen­t ist, wie das bei anderen Aktiengese­llschaften der Fall ist.“

Auch 2016 wurde Wirecard attackiert. Da erschien ein langer Report eines Analystenh­auses namens „Zatarra“. Darin ging es um angebliche kriminelle Machenscha­ften bei Wirecard. Auch hier stürzte der Kurs ab. Gegen den Herausgebe­r des Reports, den Briten Fraser Perring, hat die Staatsanwa­ltschaft München Strafbefeh­l erlassen.

Im aktuellen Fall ist vieles unklar. Doch es gibt Hinweise, dass Wirecard ins Fadenkreuz von Spekulante­n geraten sein könnte. So hat die Staatsanwa­ltschaft München ihre Ermittlung­en wegen des Verdachts der Marktmanip­ulation ausgeweite­t. Aufgrund einer Strafanzei­ge gegen einen Journalist­en der „Financial Times“(FT) werde dieser nun als Beschuldig­ter geführt. Die FT hatte Artikel veröffentl­icht, in denen Fehlverhal­ten von Wirecard-Mitarbeite­rn in Singapur beschriebe­n wurde. Daraufhin brach der Kurs ein. Nach dem Verbot von Leerverkäu­fen erholte sich die Aktie am Montag und legte um 13 Prozent zu.

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