Rheinische Post Ratingen

Womit man an der Börse Geld verdienen kann

Seit Jahresbegi­nn hat der Dax etwa zehn Prozent zugelegt. Aktien wären – bei allen Risiken – also ein gutes Investment gewesen.

- VON GEORG WINTERS

Düsseldorf Zehn Prozent Rendite auf eine Geldanlage sind in Niedrigzin­szeiten komfortabe­l, auch wenn es sich um eine Nominalver­zinsung (also ohne Berücksich­tigung der allgemeine­n Preissteig­erung) handelt und auf den Ertrag auch noch Steuern gezahlt werden müssen. Ungefähr zehn Prozent Plus hat der Deutsche Aktien-Index (Dax) seit Ende des vergangene­n Jahres geschafft. Ein Argument für Investoren, um bei allem Respekt vor den regelmäßig­en Turbulenze­n an der Börse vielleicht doch mal Geld in Aktien zu stecken?

Karsten Tripp; Chefanlage­stratege Private Banking beim Bankhaus HSBC Deutschlan­d, würde das sofort unterschre­iben. Zumindest, wenn das gesamte Ersparte 100.000 Euro beträgt. Dann lautet sein Ratschlag: „50 Prozent in Aktien, weitere 25 Prozent in gemischten Rentenanla­gen, zehn Prozent in Bargeld, 15 Prozent in Gold.“Seine Jahresendp­rognose für den Dax: genau die eingangs erwähnten zehn Prozent Plus gegenüber dem Jahresende – mit zwischenze­itlichem Rückschlag­potenzial bis auf 10.300 Punkte..

Was kauft man bei der großen Auswahl am Aktienmark­t? Tripp empfiehlt Anlegern, die sich nicht profession­ell mit der Börse auseinande­rsetzen, Branchen-ETFs. Die Abkürzung ETF steht für Exchange Traded Funds, börsengeha­ndelte Fonds, die in Tripps Beispielfa­ll Abbild einer Branche sein sollen. Vorteil der ETFs: Die Kosten für den Anleger sind deutlich geringer als bei anderen Aktienfond­s.

Regional betrachtet, würde Tripp den Blick derzeit stärker nach Amerika und Fernost richten als nach Europa. „In der Euro-Zone ist das Wachstum derzeit deutlich niedriger als in in den USA, wir haben mit dem Brexit, mit Frankreich und Italien mehrere Problemfäl­le, und die Gewinne der Unternehme­n schwächeln“, begründet der Experte. Einen Blick wert sein könnten forschungs­starke Werte aus der Pharmabran­che. Profitiere­n könnten diese davon, „dass die Politik positive Signale in den Gesundheit­ssektor aussendet“. Also steigende Gesundheit­sausgaben, die den Pharmahers­tellern das Geschäft erleichter­n.

In Deutschlan­d sieht Tripp dagegen momentan wenig Potenzial: Vielleicht noch global diversifiz­ierte Unternehme­n mit vergleichs­weise wenig Deutschlan­d-Geschäft, dazu einer starke Dividende.“Bei den Autoaktien ist dagegen Vorsicht geboten, weil niemand genau sagen kann, ob der amerikanis­che Präsident Donald Trump seine Ankündigun­g neuer Strafzölle auf importiert­e Autos wahr macht oder nicht. Auch bei den Energiever­sorgern würde sich Tripp durch die Umwälzunge­n der Energiewen­de wohl eher zurückhalt­en.

Andere haben auch deutsche Titel auf dem Zettel. Bei der Stuttgarte­r Landesbank LBBW waren es zuletzt unter anderem die Dax-Mitglieder Henkel (gut diversifiz­iert, starker und verlässlic­her Großaktion­är, finanziell­er Spielraum für weitere Zukäufe), Deutsche Telekom (gute Marktposit­ion, starkes US-Geschäft, Wachstum beim Geschäft mit mobilen Daten) und SAP ( Weltmarktf­ührer bei Firmen-Software, wachsende Nachfrage nach Cloud-Computing). Bei allen Problemen in den USA tauchte da auch Daimler als günstig bewerteter Titel mit guter Dividenden-Perspektiv­e auf.

Der Börsenmakl­er, Fondsmanag­er und Buchautor Dirk Müller wiederum würde eher „meine Bestände in Apple, Amazon und Booking Holding weiter ausbauen. Ob diese Unternehme­n im Jahresverl­auf besonders gut abschneide­n, ist mir nicht wichtig. Entscheide­nd ist, wo diese Unternehme­n wirtschaft­lich in fünf bis zehn Jahren stehen.“

Langfristp­erspektive also statt kurzfristi­ger Gewinne. Eine Regel, die bei vielen an der Börse in Vergessenh­eit geraten ist. Schließlic­h ist der Aktienmark­t einst nicht für Zocker erfunden worden, die mit schnellem Rein-Raus-Handel den schnellen Euro machen wollen, sondern als Instrument der soliden Unternehme­nsfinanzie­rung. Die Idee: Firmen besorgen sich Kapital und stellen dafür Anteilsbes­itz zur Verfügung. Das sollte man als Anleger im Blick haben.

Außerdem gilt: Niemand sollte Geld in Aktien investiere­n, dass er innerhalb kurzer Zeit wieder braucht. Das erhöht die Gefahr, dass man in der Not mit Verlust verkaufen muss.

Wie viel Aktien ein Investor hält, hängt immer auch von seiner Risikofreu­de oder Risikosche­u ab. Und vom Alter: Je älter der Anleger, desto geringer sollte der Aktienante­il sein. Eine Faustregel, die oft genannt wird: 100 minus Lebensalte­r. Wer der Regel folgt, kann sich mit 40 noch 60 Prozent Aktien leisten, sollte diesen Anteil aber bis zum Rentenalte­r auf 30 bis 40 Prozent verringert haben.

Und: Man darf nicht gleich in Panik verfallen, wenn der Aktienkurs sich über Tage oder gar Wochen nach unten bewegt. Langjährig­e Entwicklun­gen zeigen fast immer nach oben.

 ?? | QUELLE: ONVISTA | FOTO: DPA | GRAFIK: PODTSCHASK­E ?? Entwicklun­g in Prozent
| QUELLE: ONVISTA | FOTO: DPA | GRAFIK: PODTSCHASK­E Entwicklun­g in Prozent

Newspapers in German

Newspapers from Germany