Der Trend geht zum Turm
Die Ausstellung „Urbane Parallelen“nimmt die Partnerstädte Haifa und Düsseldorf in den Blick.
Nissim Tal scheint das nun wirklich wichtig zu sein, jedenfalls ist er richtig ins Reden gekommen und erst einmal nicht mehr zu bremsen. Tal, Museumsdirektor aus Haifa, spricht über das Bild, das die israelische Hafenstadt seiner Meinung nach in den vergangenen Jahren abgegeben hat. Das ihm gar nicht passt. Alte Bauten würden abgeräumt, hässliche neue hingestellt, sagt Tal. „Statt zu restaurieren, wird zerstört“, klagt er. „Es wird Turm um Turm gebaut.“
Wer wissen will, was der Museumsdirektor meint, kann sich im Stadtmuseum ein Bild davon machen. Dort ist eine Ausstellung zu sehen, mit Arbeiten aus zwei Städten: Düsseldorf und Haifa. Seit den späten 1980er Jahren sind sie Partnerstädte, und auch die Museumsleute halten seit einiger Zeit engen Kontakt miteinander. Die Ausstellung ist deshalb ein Gemeinschaftsprojekt und wird auch in Haifa zu sehen sein, wohl aber in abgespeckter Form. Es steht dort weniger Platz zur Verfügung.
Im Stadtmuseum haben sie ein paar hundert Quadratmeter eingeräumt, gezeigt werden dort etwa Bilder des Israelis Gil Bar. „Hinter jedem Turm eine Ruine“heißt die Serie des Fotografen – was seine großformatigen Arbeiten dann auch genau so abbilden. Gewissermaßen illustrieren sie die Worte von Musemsdirektor Nissim Tal. Meistens sind die Hochhäuser vollverglast, immer überragen sie ihr von Leerständen geprägtes Umfeld. Dort in Haifa, sagt Kurator Markus Luigs, habe man ganz andere Probleme als in Düsseldorf. „Wir jammern ja schon, wenn ein Kiosk verschwindet.“
„Urbane Parallelen“heißt die Schau übrigens, und weil es unter Ausstellungsmachern offensichtlich Trend ist, immer etwas „untersuchen“oder „erforschen“zu wollen, ist das auch im Stadtmuseum nicht anders. Hier sollen laut Museumsankündigung Parallelen zwischen den Partnerstädten untersucht werden, was nicht ganz überzeugend gelingt, sieht man einmal davon ab, dass hier wie dort ab und an etwas weggebaggert wird. Aber das kommt ganz genau so auch in Castrop-Rauxel und New York vor.
Den Wert des Gezeigten an sich schmälert das nicht, vor allem der ferne Blick nach Haifa dürfte für die Düsseldorfer Besucher reizvoll sein. Yigal Feliks fotografierte eine von arabischer Architektur geprägte Gegend Haifas bei Nacht; Fotografin Stav Roitenberg versuchte sich an einer Typologie der städtischen Architektur.
Zu den Beiträgen aus Düsseldorf gehört eine Gemeinschaftsarbeit von Daniel Schumann und Wolfgang Vetten, die in Fotografien die Gerresheimer Glashütte in den Blick nimmt – die es ja auch nicht mehr gibt. In einer Broschüre, die im Ausstellungsraum ausliegt, geben sie dem ehemaligen Werksgelände elf Gesichter. Sie lassen elf Menschen zu Wort kommen, die dort jahrzehntelang gearbeitet haben. Schönster Satz einer früheren Glashütte-Sekretärin, die von 1958 bis 1996 angestellt war: „Mein erster Chef hätte mein Vater sein können und mein letzter Chef mein Sohn.“
Markus Luigs, der die Ausstellung gemeinsam mit Susanne Anna und Georg Döring kuratiert hat, zeigt ebenfalls eigene Bilder. Er ist ja auch Fotograf. Mit Anna Wollenberg hat er den Stadtteil Garath erkundet. Von einem Spannungsfeld zwischen der Kleinteiligkeit von Einfamilienhäusern auf der einen und Wohntürmen auf der anderen Seite erzählen sie. Was sofort auffällt: Auch Luigs Bilder aus den Wohngegenden sind menschenleer, wirken verlassen – bisschen Endzeit-Stimmung. Gelten lassen möchte er das so allerdings nicht. „Die Häuser sind ja voller Menschen“, entgegnet Luigs. Er fotografierte sie halt nur von außen.