Stein erinnert an den Heide-Dichter
Der Jugendrat und das Stadtarchiv greifen die Geschichte um Hermann Löns auf. Nun gibt es eine Info-Tafel.
RATINGEN Es ist wirklich keine Schande, wenn man Hermann Löns (1866 in Westpreußen geboren, 1914 bei Reims in Frankreich gefallen) nicht kennt. Sei man 20 oder x mal 20 Jahre alt. Wenn man aber 20 Jahre alt ist und sich emsig darum kümmert, warum es in Tiefenbroich einen Findling mit eingemeißeltem „Hermann Löns“gibt und was das Ganze soll, dann ist das schon lobenswert. René Wendeler und Freunde aus dem Jugendrat haben sich gekümmert und Erik Kleine-Vennekate im Stadtarchiv um Mithilfe gebeten. Und nun kann man mit dem Smartphone in der Nähe des Friedhofs (Am Gratenpoet/Ecke Am Rosenkothen) den Stein betrachten, eine kleine Tafel studieren und einen QR-Code aufnehmen, der zu weiterführenden Links geleitet. Man kann die ganze Löns-Geschichte an Ort und Stelle schriftlich nicht darstellen.
Seine heimathügelnden Schriften, seine süßlichen Lieder („Ja grün ist die Heide, die Heide ist grün, aber rot sind die Rosen, wenn sie da blühn“) fallen sowieso aus der Zeit. Aber die Geschichten, die sich um seine Person ranken – die nichts, aber auch gar nichts mit Ratingen zu tun hat – sind dennoch hochinteressant, wenn man sich in die Historie vertiefen möchte. Dann eröffnet sich ein regionaler Aspekt.
Sein Liedgut enthält reichlich Stoff für sämtliche Waffengattungen, was seine Affinität zu kriegerischen Dingen widerspiegelt. In einem Artikel über Löns heißt es: „Die hektische Arbeit an der Chronik vom Heidebauern-Haufen der Wehrwölfe, die aus dem Hinterhalt über die vorüberziehenden Truppen der Kaiserlichen und der Schweden, der Weimaraner und Mansfelder herfallen, zerrüttete Lönsens ohnehin strapazierte Nerven.“
Die Leiterin des Ratinger Stadtarchivs, Erika Münster-Schröer, schreibt: „Löns ließ sich gern als Dichter der Lüneburger Heide feiern, ein Motiv, das der Tiefenbroicher Lehrer Josef Mocken aufgriff. Der Dorflehrer, der sich vom eher friedlichen Tiefenbroicher zum fanatischen Nazi entwickelt hatte.“1933 trat Mocken in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein. Das Denkmal, ein Findling, wurde 1934 in Tiefenbroich aufgestellt. Regelmäßig suchte Mocken mit seinen Schülern den Stein auf, um Blumen niederzulegen und deutsche Volkslieder zu singen.
„Als fanatischer Nazi denunzierte er später den Tiefenbroicher Pfarrrektor Clemens Prinz, der breite Unterstützung in der Tiefenbroicher Bevölkerung genoss, als Regimegegner bei der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Dazu schrieb Münster: „Clemens Prinz wurde von Mocken mehrfach bei der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) wegen ,staatsfeindlichen Verhaltens‘ angezeigt, weil er die Kirche nicht vorschriftsmäßig beflaggt, den Pfarrsaal nur ungenügend verdunkelt oder regimefeindliche Äußerungen getan habe.“
Das Ansehen des Dichters und Schriftstellers Hermann Löns im Dritten Reich, der zur Zeit der Machtübernahme Adolf Hitlers bereits 29 Jahre tot war, schwand, als das unzutreffende Gerücht in Umlauf kam, er habe eine jüdische Großmutter gehabt. Dennoch war sein Roman „Der Wehrwolf“Namensgeber für eine nationalsozialistische Terrormiliz. Der Lehrer Josef Mocken wiederum übernahm 1937 die Leitung der nationalsozialistischen Zelle 22 in Tiefenbroich.