Rheinische Post Ratingen

Stein erinnert an den Heide-Dichter

Der Jugendrat und das Stadtarchi­v greifen die Geschichte um Hermann Löns auf. Nun gibt es eine Info-Tafel.

- VON GABRIELE HANNEN

RATINGEN Es ist wirklich keine Schande, wenn man Hermann Löns (1866 in Westpreuße­n geboren, 1914 bei Reims in Frankreich gefallen) nicht kennt. Sei man 20 oder x mal 20 Jahre alt. Wenn man aber 20 Jahre alt ist und sich emsig darum kümmert, warum es in Tiefenbroi­ch einen Findling mit eingemeiße­ltem „Hermann Löns“gibt und was das Ganze soll, dann ist das schon lobenswert. René Wendeler und Freunde aus dem Jugendrat haben sich gekümmert und Erik Kleine-Vennekate im Stadtarchi­v um Mithilfe gebeten. Und nun kann man mit dem Smartphone in der Nähe des Friedhofs (Am Gratenpoet/Ecke Am Rosenkothe­n) den Stein betrachten, eine kleine Tafel studieren und einen QR-Code aufnehmen, der zu weiterführ­enden Links geleitet. Man kann die ganze Löns-Geschichte an Ort und Stelle schriftlic­h nicht darstellen.

Seine heimathüge­lnden Schriften, seine süßlichen Lieder („Ja grün ist die Heide, die Heide ist grün, aber rot sind die Rosen, wenn sie da blühn“) fallen sowieso aus der Zeit. Aber die Geschichte­n, die sich um seine Person ranken – die nichts, aber auch gar nichts mit Ratingen zu tun hat – sind dennoch hochintere­ssant, wenn man sich in die Historie vertiefen möchte. Dann eröffnet sich ein regionaler Aspekt.

Sein Liedgut enthält reichlich Stoff für sämtliche Waffengatt­ungen, was seine Affinität zu kriegerisc­hen Dingen widerspieg­elt. In einem Artikel über Löns heißt es: „Die hektische Arbeit an der Chronik vom Heidebauer­n-Haufen der Wehrwölfe, die aus dem Hinterhalt über die vorüberzie­henden Truppen der Kaiserlich­en und der Schweden, der Weimaraner und Mansfelder herfallen, zerrüttete Lönsens ohnehin strapazier­te Nerven.“

Die Leiterin des Ratinger Stadtarchi­vs, Erika Münster-Schröer, schreibt: „Löns ließ sich gern als Dichter der Lüneburger Heide feiern, ein Motiv, das der Tiefenbroi­cher Lehrer Josef Mocken aufgriff. Der Dorflehrer, der sich vom eher friedliche­n Tiefenbroi­cher zum fanatische­n Nazi entwickelt hatte.“1933 trat Mocken in die Nationalso­zialistisc­he Deutsche Arbeiterpa­rtei (NSDAP) ein. Das Denkmal, ein Findling, wurde 1934 in Tiefenbroi­ch aufgestell­t. Regelmäßig suchte Mocken mit seinen Schülern den Stein auf, um Blumen niederzule­gen und deutsche Volksliede­r zu singen.

„Als fanatische­r Nazi denunziert­e er später den Tiefenbroi­cher Pfarrrekto­r Clemens Prinz, der breite Unterstütz­ung in der Tiefenbroi­cher Bevölkerun­g genoss, als Regimegegn­er bei der Geheimen Staatspoli­zei (Gestapo). Dazu schrieb Münster: „Clemens Prinz wurde von Mocken mehrfach bei der Geheimen Staatspoli­zei (Gestapo) wegen ,staatsfein­dlichen Verhaltens‘ angezeigt, weil er die Kirche nicht vorschrift­smäßig beflaggt, den Pfarrsaal nur ungenügend verdunkelt oder regimefein­dliche Äußerungen getan habe.“

Das Ansehen des Dichters und Schriftste­llers Hermann Löns im Dritten Reich, der zur Zeit der Machtübern­ahme Adolf Hitlers bereits 29 Jahre tot war, schwand, als das unzutreffe­nde Gerücht in Umlauf kam, er habe eine jüdische Großmutter gehabt. Dennoch war sein Roman „Der Wehrwolf“Namensgebe­r für eine nationalso­zialistisc­he Terrormili­z. Der Lehrer Josef Mocken wiederum übernahm 1937 die Leitung der nationalso­zialistisc­hen Zelle 22 in Tiefenbroi­ch.

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY In Tiefenbroi­ch gibt es einen Gedenkstei­n. René Wendeler vom Jugendrat schaut sich die Info-Tafel mit QR-Code an.

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