Der Kleinste prescht bei 5G-Auktion vor
Ausgerechnet 1&1 Drillisch bietet am meisten Geld, um ins Geschäft mit den mobilen Echtzeitnetzen einzusteigen. Die SPD fordert derweil härtere Auflagen. Eine Behörde will die Strahlenbelastung prüfen.
MAINZ Mit einem Paukenschlag hat am Dienstag die Versteigerung der Frequenzen für das künftige 5G-Netz begonnen. Der kleinste Anbieter, 1&1 Drillisch, ein Ableger des Konzerns United Internet (UI), hat mit einem Gesamtvolumen von 157 Millionen Euro die aggressivsten Angebote eingereicht. Die anderen Bieter, Telekom, Vodafone Deutschland und Telefónica Deutschland, boten in der Summe genauso viel. Insgesamt kamen Gebote von 314 Millionen Euro für die 41 Frequenzpakete herein. „So will 1&1 Drillisch demonstrieren, dass sie sich nicht abdrängen lassen wollen“, sagt Torsten Gerpott, Wirtschaftsprofessor aus Duisburg. Dabei rechnen Gerpott und die meisten Experten damit, dass die Versteigerung sich über mehrere Wochen hinziehen wird, nachdem frühere Auktionen bis zu sechs Wochen dauerten.
Denn die Versteigerung ist erst zu Ende, wenn für jedes der 41 angebotenen Frequenzpakekte kein neues Gebot mehr eingeht. Bis dahin kann jedes der vier zur Auktion zugelassenen Unternehmen für jeden der angebotenen 41 Blöcke neu bieten, wodurch das Ergebnis der Auktion schwer zu prognostizieren ist. Einnahmen in Höhe von bis zu fünf Milliarden Euro werden als denkbar gehalten. Allein 1&1 Drillisch hat sich einen Kredtit in Höhe von 2,8 Milliarden Euro sichern lassen.
Hauptfrage ist, ob die etablierten Netzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefónica die Preise so stark hochtreiben werden, bis am Ende der Newcomer aufgibt. So könnten sie verhindern, dass 1&1 Drillisch künftig mit Kampfpreisen in den Städten den Markt aufrollt und gleichzeitig darauf vertraut, auf dem Land die Netze der drei Großkonzerne nutzen zu dürfen.
Gerpott hält es allerdings für möglich, dass Telefónica bei einer solchen Verdrängungstaktik ausschert. „1&1 Drillisch nutzt das Netz von Telefónica schon jetzt. Da könnte die Firma künftig bei 5G auch auf ein Joint-Venture mit Telefónica setzen“, sagt der Experte.
Für die Zukunft Deutschlands hat die Auktion eine hohe Bedeutung. 5G wird Daten per Funk praktisch in Echtzeit übertragen und ermöglicht so beispielsweise, Fabriken viel mehr als bisher zu automatisieren. Auch für das autonome Fahren ist das neue Netz wichtig. Außerdem hilft 5G, viel mehr Daten als bisher zu transportieren.
Dabei zeichnet sich allerdings ab, dass es wegen der neuen Infrastruktur eine Debatte um eine möglicherweise zu hohe Strahlenbelastung geben könnte. Weitere Forschungen über die gesundheitlichen Folgen elektromagnetischer Strahlung seien nötig, erklärte zum Auktionsstart Inge Paulini, Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz: „Diese müssen untersucht werden.“
Bislang zeichnet sich allerdings noch keine breite Volksbewegung gegen 5G ab. So drängen selbst die Grünen auf Bundesebene und in NRW darauf, dass das neue Netz möglichst breit und schnell gestartet wird. „Niemand will zurück in eine Zeit ohne Smartphones“, sagt Matthi Bolte, digitalpolitischer Sprecher der Grünen im NRW-Landtag. „Ich sehe 5G als wichtige Zukunftstechnik.“Dies sieht auch Margit Stumpp so, Bundestagsabgeordnete der Ökopartei und Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technologiefolgenabschätzung. Sie empfiehlt, die Folgen von 5G genau zu prüfen, sieht aber auch mögliche Vorteile: „Es gibt Hinweise, dass 5G weniger Strahlenbelastung mit sich bringt als die bisherigen UMTS-Netze.“
Dabei wird die Bevölkerung von der neuen 5G-Auktion vorrangig profitieren, weil die drei nationalen Netzbetreiber künftig höhere Versorgungsauflagen erfüllen müssen. Bis Ende 2022 müssen sie 98 Prozent der Bevölkerung per Mobilfunk mit 100 Megabit/Sekunde versorgen – was auf einen Ausbau aktueller LTE-Netze hinausläuft.
Damit die Auflagen auch wirklich erfüllt werden, fordert die SPD-Bundestagsfraktion „ein wirksames Kontroll- und Sanktionssystem der Bundesnetzagentur gegenüber den Telekommunikationsunternehmen“. Es solle möglich sein, Bußgelder so zu verhängen, wie es das Bundeskartellamt darf. Daneben setzt die SPD auf das Instrument des Infrastruktur-Teilens. Das betrifft Regionen, wo nur ein oder zwei Mobilfunkunternehmen ihre Masten aufgestellt haben, Kunden anderer Anbieter aber weiter schlechten Empfang haben. Dort will die SPD die Betreiber per Gesetz zwingen, ihre Masten auch für Antennen anderer Anbieter zur Verfügung zu stellen. Davon dürften aber nur Firmen profitieren, die eigene Ausbauanstrengungen nachweisen können, man wolle keine Trittbrettfahrer unterstützen – eine Spitze gegen 1&1 Drillisch.Die SPD-Fraktion fordert ein staatliches Ausbauprogramm für Orte, an denen Mobilfunkunternehmen nicht investieren. Zum einen sollen Firmen beim Ausbau in wirtschaftlich nicht rentablen Regionen gefördert werden, zum anderen könnte der Staat Mobilfunkmasten errichten. Das könne eine kommunale Infrastrukturgesellschaft übernehmen.