Neusser Krankenhauschef nach Interview beurlaubt
NEUSS Die Verantwortlichen des Rheinland-Klinikums Neuss, dem bundesweit zehntgrößten Klinikverbund in kommunaler Trägerschaft, haben am Donnerstagabend die Notbremse gezogen. Nach einer Krisenbesprechung von Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung wurde Nicolas Krämer vorübergehend, aber mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe als Geschäftsführer entbunden. Rechtliche Ansprüche gegen den promovierten Betriebswirt würden geprüft.
Mit der Beurlaubung reagierten die Vertreter der Aufsichtsgremien auf ein Interview, das Krämer vergangenen Freitag der Initiative „Düsseldorf hält zusammen“gegeben hatte. Darin äußerte er sich in einer Art und Weise über Frauen in Pflegeberufen, die die Neusser CDU-Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann entwürdigend nennt. Sie forderte Konsequenzen für Krämer. Diese Reaktion so Koenemann, „muss deutlich ausfallen“.
Die Kritik macht sich an zwei Äußerungen in dem mehr als einstündigen Interview fest, die einen Shitstorm in den sozialen Medien auslösten. Krämers Bemerkung, „Vielleicht träumt die eine oder andere Krankenschwester ja davon, einen Chefarzt kennenzulernen“, wurde im Netz als antiquiert, chauvinistisch und von Betroffenen als „Schlag ins Gesicht“gerügt. Und auch sein Versuch, mit dem Gerücht Schluss zu machen, dass Krankenpflege „per se schlecht bezahlt ist“, missriet gründlich – zumal fast zeitgleich mit dem Interview sein Wunsch nach einer vorzeitigen Vertragsverlängerung zu deutlich verbesserten Konditionen die Vorsitzenden der Neusser Ratsfraktionen beschäftigte.
Die im Interview gezeigte Haltung Krämers zur Bezahlung und Motivation insbesondere weiblicher Pflegekräfte zur Ergreifung dieses Berufes, heißt es in einer Erklärung zur Beurlaubung Krämers, würden als inakzeptabel und „schädlich für das Ansehen des Krankenhauses angesehen“. Krämer selbst hatte am Donnerstag Abbitte geleistet und jedem seiner 3800 Mitarbeiter eine Entschuldigung zukommen lassen.