Cheftrainer im Homeoffice
Fortunas Coach Uwe Rösler sieht die aktuelle Lage als Riesenherausforderung für alle: „Es gibt kein Regelbuch, an das wir uns halten könnten.“
DÜSSELDORF Zu Hause bleiben, im Homeoffice arbeiten – für Uwe Rösler ist das absolutes Neuland. „Ich bin immer viel herumgereist. Selbst wenn ich mal keinen Job hatte, habe ich Spiele und Trainingseinheiten besucht“, berichtet Fortunas Cheftrainer. „Das ist jetzt eine unangenehme Situation für mich, ich will immer draußen sein, auf dem Platz.“Immerhin kann sich der 51-Jährige damit trösten, seine Frau und seinen älteren Sohn um sich zu haben. „Ihn haben wir vor der Isolation gerade noch aus New York herausbekommen und mit dem Auto vom Amsterdamer
Flughafen abgeholt. Unser jüngerer Sohn lebt im niederländischen Breda, das ist ja zum Glück nicht so weit weg.“
Mit dem Kontakthalten per Telefon kennt sich Rösler ohnehin bestens aus, denn mit Fortunas Profis muss er es ja ebenso halten. Er und sein Trainerteam haben den Kader in Gruppen aufgeteilt, telefonieren regelmäßig mit den Spielern. „Als Cheftrainer bin ich natürlich über meine Gruppe hinausgegangen, ich habe fast alle Spieler geschafft“, berichtet der Sachse. „Und die Kollegen im Trainerteam machen einen Superjob. In diesen Krisenzeiten sieht man, wie die Leute über sich hinauswachsen. Nehmen wir unseren Athletiktrainer Robin Sanders: Wie er in den vergangenen drei Wochen
ein abwechslungsreiches und anspruchsvolles Heim-Trainingsprogramm auf die Beine gestellt hat, das war überragend.“
In erster Linie handelt es sich dabei um Kraft-, Koordinations- und Ausdauerübungen, die dann von den Coaches über Skype kontrolliert und betreut werden. Und natürlich immer wieder Telefonate, bei denen sich auch Mentaltrainer Axel Zehle hervortut. „Natürlich machen sich viele Spieler Sorgen, weil niemand weiß, wie es weitergeht“, sagt Rösler. „Bei uns laufen ja allein schon 16 Verträge aus. Da ist es bewundernswert, wie Axel arbeitet.“
Doch auch der Cheftrainer bemüht sich, die Profis nicht in der Luft hängen zu lassen. „Ich habe Sportvorstand Lutz Pfannenstiel und auch Uwe Klein, der dieses Amt ja am 1. Juni übernimmt, Empfehlungen gegeben. Das konnte ich aber nur für diejenigen tun, die ich oft im Spiel und im Training gesehen habe. Meine Tendenz habe ich auch den Spielern mitgeteilt, aber die ist nicht endgültig. Es werden noch alle ihre Chancen bekommen, wenn es im Mai hoffentlich weitergeht. Dann können wir nicht mit 14 Leuten neun Spiele in hoher Schlagzahl durchziehen. Dann brauchen wir alle.“Das Scouting für eventuelle Zugänge sei das kleinste Problem;
dort helfen moderne Videoprogramme heutzutage immens weiter.
Rösler hofft, am Montag grünes Licht für Training in Kleingruppen zu bekommen. „Dann werden noch keine Zweikämpfe auf dem Programm stehen“, betont er. „Zunächst geht es darum, den Spielern die Angst zu nehmen, es wird Sprint-, Ballgewöhnungs- und Passübungen geben.“Eine Riesenherausforderung bleibe der Neustart in jedem Fall – für alle Beteiligten. „Die Welt hat sich verändert, und das geht nicht am Fußball vorbei“, sagt Rösler. „Es gibt kein Regelbuch, an das wir uns halten könnten.“