EU richtet Bettenbörse ein
Krankenhäuser sollen freie Kapazitäten melden. Die Idee kommt aus Deutschland.
BRÜSSEL Seit Ausbruch der Corona-Pandemie in Europa haben erst drei Mitgliedsländer Schwerkranke aus Risikogebieten anderer Länder aufgenommen: Luxemburg, Deutschland und Österreich. Deutschland ist am weitesten gegangen: Mittlerweile sind Patienten aus Frankreich und Italien in fast allen Bundesländern untergebracht. Neuerdings kommen auch Patienten aus den Niederlanden hinzu.
Bislang wurden diese Hilfsaktionen lokal organisiert. In Zukunft sollen die Fäden bei der EU-Kommission zusammenlaufen. Kliniken in ganz Europa sind aufgerufen, freie Intensivbetten an das Zentrum für die Koordinierung der Nothilfe zu melden. Es stellt dann Kontakt zwischen einem überlasteten Krankenhaus und einer Klinik her, die Kapazitäten freihat. Die EU-Behörde koordiniert den Transport und ist bereit, sich an den Transportkosten zu beteiligen. Die Kommission legt den Mitgliedsländern nahe, finanziell pragmatisch vorzugehen.
Grundsätzlich sei es aber so, dass die Krankenhauskosten von dem Staat bezahlt werden müssen, aus dem der Patient stammt.
Die Initiative für die Zusammenarbeit kam vom Robert-Koch-Institut. Bereits vor drei Wochen hatte die christdemokratische Fraktion im Europaparlament eine entsprechende Forderung beschlossen. Der CDU-Europaabgeordnete und gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion der Europäischen Volkspartei, Peter Liese, sieht eine moralische Pflicht bei den Mitgliedstaaten, die bislang noch nicht so schwer getroffen sind: „Es ist dringend erforderlich, dass alle Mitgliedstaaten ihre freien Bettenkapazitäten melden und den Regionen wie Norditalien, Ostfrankreich und Madrid helfen.“Die Krankheit treffe die Mitgliedstaaten zu unterschiedlichen Zeitpunkten: „Diejenigen, die heute Hilfe leisten, werden morgen über die Hilfe der anderen dankbar sein.“Liese erinnerte daran, dass während der Ebola-Krise Patienten aus Westafrika in die EU eingeflogen wurden: „Warum zum Teufel ist es nicht möglich, dass Patienten aus Italien und Spanien auch in Irland, Skandinavien und Osteuropa behandelt werden?“
Unterdessen hat die EU-Kommission beschlossen, die Anwendung der neuen Medizinprodukte-Richtlinie um ein Jahr zu verschieben. Der Grund ist, dass das neue EU-Recht Herstellern von Medizinprodukten viele neue bürokratische Regelungen abverlangt hätte. In einer Situation, in der händeringend Beatmungsgeräte gesucht werden, wolle man die Wirtschaft nicht mit zusätzlichen Vorschriften belasten.