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Der Dresden-„Tatort“erzählt von einem Paar, das nach schlechten Zeiten endlich auch ein Stück Glück für sich bweansprucht. Und dabei wieder in eine Katastrophe schlittert. Ein Krimi einer Belagerung.
VwON MARTINA STÖCKER
DRESDEN Als Louis Bürger aus dem Fenster guckt, weiß er, dass es für ihn schwierig wird. Richtig schwierig. „Die schicken eine ganze Armee“, sagt er zu seiner Frau Anna. Beide haben in einem Kinderheim Geiseln genommen, irgendwie war es anders geplant. Aber alles läuft so schrecklich schief in ihrem Leben. Wieder mal. Und als draußen vor der Tür die Scharfschützen und Speziawleinsatzkräfte der Polizei Position beziehen, umarmen sie sich, küssen sich und sagen: „Wir schaffen das!“Sj chließlich seien sie das A-Team und hätten schon so viel geschafft.
Dabei haben die beiden – gespielt von Max Riemelt und Katia Fellin – so ziemlich alles bislang in ihrem Leben in den Sand gesetzt. Ihr Sohn lebt in einem Kinderheim, Vater Louis ist vorbestraft, aber nun will das Paar die Kurve kriegen: Sie träumen von fester Arbeit für beide, haben sich geschworen, von Partys und Drogen die Finger zu lassen, und planen ein Zuhause für den zwölfjährigen Tim, der im Heim ist, weil er Rauschgift genommen haben soll. Dann wird ihr Wohnungsnachbar, der Polizist Jan Landrock, vor ihrem Haus erschlagen aufgefunden. Es gibt eine Verbindung zwischen der Tatwaffe, einem Baseballschläger,
und dem Familienvater. Louis Bürger gerät schnell ins Visier der Dresdener Kommissarinnen Gorniak (Karin Hanczewski) und Winkler (Cornelia Gröschel). Doch er beteuert seine Unschuld, türmt mit Hilfe seiner Frau aus der Untersuchungshaft und will mit ihr ins Ausland fliehen. Vorher wollen sie noch Tim aus dem Kinderheim holen, die Polizei ist aber schon da. Aus „Wir schaffen das“wird eine Geiselnahme, ein Krimi der Belagerung, zwei Verzweifelte gegen die Polizei. Und schnell ist klar: Da wird nichts gut für die beiden, selbst wenn Louis Bürger die Wahrheit sagt und unschuldig ist.
Der Dresdner Fall „Die Zeit ist gekommen“ist eher ein Psychodrama
und die Geschichte eines Gestrauchelten, der sich immer wieder hochrappelt, um dann bei der nächsten Gelegenheit wieder zu stolpern. Dafür verantwortlich ist die Gesellschaft, aber natürlich auch er selbst. Es geht in diesem Krimi um Liebe, Zusammenhalt, Familie und Vertrauen. Regisseur Stephan Lacant („Freier Fall“), der sein „Tatort“-Debüt gibt, stellt die großen Lebensfragen. „Was ist Liebe, was bedeutet Familie, welche Träume hat man, wo will man hin, was sind Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit? Große Themen, die mich gereizt haben“, sagt Lacant.
Ihm ist ein packender Film gelungen, der nur beim Drehbuch daran krankt, dass die Polizistinnen sich beide anbieten, in das Kinderheim zu gehen. Und natürlich hat der Vorgesetzte, Kommissariatsleiter Peter Michael Schnabel (Martin Brambach), nichts dagegen. Eine geht hinein. So wird der Polizeieinsatz zu einer Ein-Frau-Show.
Das ist dann wieder der eine Dreh zu viel, der einen Film voller existenzieller Fragen künstlich hochjazzt. Dabei gibt es Spannung bis zum Schluss, weil unklar ist, ob Louis Bürger wirklich die Wahrheit sagt. Und die vielleicht schlimmste Szene der deutschen Fernseh-Geschichte, in der ein angespitzer Bleistift die Hauptrolle spielt.
„Tatort: Die Zeit ist gekommen“, Das Erste, So., 20.15 Uhr