Lernen auf Distanz
Der erste Tag der Schulöffnungen zeigt ein gemischtes Bild: Nicht überall gelingt es, den nötigen Abstand zu wahren. Lehrer unterrichten parallel in mehreren Räumen – und mancherorts fehlen schlicht die Hygienespender.
DUISBURG Schulleiter und Lehrer haben sich einiges einfallen lassen. Im Landfermann-Gymnasium in Duisburg etwa findet der Unterricht für die Abiturienten in der Aula und den beiden Sporthallen statt. Die Schüler sitzen mit ausreichend Abstand zueinander auf Sportgeräten und Turnmatten. Das Berufskolleg Platz der Republik in Mönchengladbach setzt auf eindeutige Beschilderung: „Hier nur Ausgang“steht in großen Buchstaben an der Tür. Nur von der Seite des Schulhofs geht es ins Gebäude. Dort weisen weitere Schilder den Weg. „Wir haben zum Glück einen guten Gestaltungsbereich. Ohne den wäre das hier nicht möglich gewesen“, sagt Schulleiterin Birgit Battenstein.
In Düsseldorf demonstrieren an diesem ersten Tag der Schulöffnung nach sechs Wochen Schüler vor der Staatskanzlei. Mit Schildern und Plakaten zeigen sie ihren Unmut über die Entscheidung der Landesregierung, Schulen zu öffnen und Abschlussprüfungen stattfinden zu lassen. Nach Angaben des Aktionsbündnisses Schulboykott NRW musste der Protest unter hohen Hygieneauflagen und mit begrenzter Teilnehmeranzahl stattfinden.
Da das Schulgebäude zurzeit saniert wird, ist das Düsseldorfer Friedrich-Rückert-Gymnasium im Herbst in eine Containeranlage umgezogen, welche die Schule durch ein begrenztes Raumangebot nun vor besondere Herausforderungen stellt. Um möglichst viele Kontakte zu vermeiden, wurden die Wege durch die Anlage als Einbahnstraße angelegt. „Solange wir nur die Abiturienten im Schichtbetrieb im Haus haben, funktioniert alles sehr gut. Für mehr Schüler wären aber die Sanitäranlagen und die Gänge zu eng“, sagt Schulleiterin Dorothee Pietzko.
Auf dem Schulhof der Johannes-Kepler-Schule in Viersen müssen die Lehrer eingreifen, damit die Schüler auch tatsächlich Abstand halten. Schulleiter Thomas Küpper beobachtet eine Gruppe Zehntklässler, öffnet das Fenster und ruft: „So, ihr wisst schon, was 1,50 Meter sind?“In Goch wird an verschiedenen Schulen bemängelt, dass es noch nicht genügend Hygienespender gibt. Außerdem fragen sich Schulen mit älterem Kollegium, wo sie die Lehrer hernehmen sollen, wenn demnächst womöglich alle Schüler zurückkehren. Dann fehlen nicht nur Räume, sondern eben auch Pädagogen.
65 bis 75 Prozent der Lehrer stehen im Durchschnitt zur Verfügung, sagte zuletzt Schulstaatssekretär Mathias Richter. Alle anderen gehören Risikogruppen an und sind vom Unterrichten befreit. Der Lehrermangel wird nun noch dadurch verschärft, dass die Klassen auf vier Räume oder mehr aufgeteilt werden müssen. „Zum Teil wurden Klassen von völlig fremden Lehrern unterrichtet“, berichtet die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Maike Finnern, unserer Redaktion. Viele Schulen signalisierten jetzt schon, dass sie aufgrund begrenzter räumlicher Kapazitäten maximal noch einen weiteren Jahrgang aufnehmen könnten. „Die Verunsicherung ist überall groß“, so Finnern.
Vor allem bei den Schülern. „Die Ungewissheit hat uns ziemlich genervt“, sagt Abiturientin Hannah.
Sie besucht das Kopernikus-Gymnasium in Ratingen. „Mal hieß es, dass das Abitur verschoben werde, selbst von einer Absage war die Rede, dann hieß es wieder, dass die Prüfungen unbedingt stattfinden müssen. Wir saßen zwischen den Stühlen.“
Am Leibniz-Gymnasium in Dormagen haben alle noch einen Tag länger Zeit. Schulleiter Herbert Kremer ließ sich nicht unter Druck setzen: „Ich hatte Anfang der Woche nicht das Gefühl, dass wir innerhalb von drei Tagen die Schule entsprechend den Vorgaben vorbereiten können.“Dort kommen die Abiturienten erst am heutigen Freitag.