Bundesliga bereit für Neustart im Mai
Ab dem 9. Mai könnte der Ball in der 1. und 2. Liga wieder rollen – vorausgesetzt die Politik erteilt grünes Licht.
FRANKFURT Die vergangenen Wochen haben bei Christian Seifert Spuren hinterlassen. Der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sieht erschöpft aus. Er verordnet sich immer wieder ein Lächeln. Seifert hält die Fäden in der Hand. 36 Klubs aus der 1. und 2. Liga hoffen darauf, dass er ihre Interessen erfolgreich vertritt. Heißt: Er soll dafür sorgen, dass ab dem 9. Mai die Bundesliga wieder ihren Betrieb aufnimmt. Die Ministerpräsidenten aus NRW (Armin Laschet, CDU) und Bayern (Markus Söder, CSU) haben ihre Unterstützung zugesagt. Eine finale Entscheidung soll am 30. April bei einer Videokonferenz zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten fallen.
Wie würde der Neustart aussehen? Infrage kommen während der Corona-Krise ausschließlich Geisterspiele, die sich laut Seifert auch weit in die kommende Saison ziehen könnten. „Wir haben die Vereine gebeten, den ersten Teil der nächsten Saison ohne Zuschauereinnahmen zu planen“, sagt er. Für die Organisation am Spieltag hat eine eingerichtete medizinische Task Force ein sehr detailliertes Konzept vorgelegt, das strikte Hygienevorgaben beinhaltet. Maximal 300 Menschen wären pro Partie beteiligt, die Kontakte auf das Nötigste beschränkt. Klar bleibt aber: „Wir werden auf einem Spielfeld nicht 1,50 Meter Abstand halten können“, sagt Seifert. „Dennoch versuchen wir, ein bestmögliches Maß an Sicherheit, Planbarkeit und Hygiene zu gewährleisten.“
Wie häufig müssen die Spieler getestet werden? Mindestens einmal pro Woche sollen die Profis kontrolliert werden. „Die Annahme einer Zahl von rund 20.000 Test ist sicherlich realistisch“, sagt DFB-Chefmediziner Tim Meyer, der Leiter der Task Force. Auf Kosten des Gesundheitssystems werde der Neustart aber nicht erfolgen, äußerte Seifert: „Alle Labore haben uns schriftlich versichert, dass die derzeitigen Kapazitäten ausreichend sind und durch Covid-19 keine Limitierung der Testkapazitäten auftreten. Der Profifußball
würde nicht einmal 0,4 Prozent der Testkapazitäten für sich beanspruchen.“Der Umgang mit Quarantäne-Fällen werde im Falle eines positiven Tests „ein ganz, ganz entscheidender Aspekt sein“. Die Hoffnung der Klubs ist, dass es dank der Vorsichtsmaßnahmen nicht soweit kommt, dass die komplette Mannschaft betroffen ist.
Wie steht es um die Insolvenz-Diskussion bei Vereinen? Die DFL hat sich mit „fast allen“Medienpartnern auf eine Vorauszahlung der noch ausstehenden TV-Prämien geeinigt, sagte Seifert. „Es wird möglich sein, den Klubs Liquidität bis 30. Juni zukommen zu lassen.“Erste Zahlungen sollen im Mai „kurzfristig“ausgelöst werden. „Mit einer Ausnahme wurden mit allen Partnern Einigungen erzielt. Es wurden auch Vereinbarungen getroffen, wie damit umzugehen ist, sollte die Saison nicht zu Ende gespielt werden können.“Neben Sky gehören auch ARD und ZDF sowie Eurosport, der die Rechte an den Streamingdienst Dazn sublizenziert hat, zu den Partnern. Es ging um die Zahlung der vierten und letzten Rate der Fernsehgelder – rund 300 Millionen Euro.
Was sagen die Vereine? „Wir können uns als Liga und als Fortuna Düsseldorf nur bestmöglich auf den Tag vorbereiten, an dem der Re-Start erfolgt. Der Fußball geht dabei keinen Sonderweg. Es ist der politische Wille, dass Branchen Schritt für Schritt wieder zur Normalität zurückkehren sollen“, sagt Thomas Röttgermann, Vorstandsvorsitzender von Fortuna Düsseldorf. „Eines ist aber auch klar: Ein wiederaufgenommener Spielbetrieb muss die Wettbewerbsgleichheit aller Vereine sicherstellen. Wenn dies nicht garantiert ist, wird sich die Frage stellen, welchen sportlichen Wert dann die Spiele haben können.“
Was sagt die Politik? „Das Konzept der DFL legt sehr kleinteilig Maßnahmen zur gewünschten Durchführung von Geisterspielen vor. Das ist im Grundsatz erst mal nicht zu kritisieren. Es bleiben aus meiner Sicht allerdings zahlreiche Fragen offen. Wie transparent wird man mit möglichen positiven Testergebnissen umgehen? Akzeptiert die Öffentlichkeit mehrheitlich, dass die Politik eventuell bereit ist, an Profifußballer
andere Maßstäbe anzulegen als an uns Normalbürger, die weiterhin mit Kontaktverboten leben müssen? Selbst unter den Fangruppen gibt es hierzu ja völlig unterschiedliche Meinungen. Insgesamt dürfte der Eindruck überwiegen, dass es dem Profifußball gelingen kann, Sonderrechte zu beanspruchen. Das macht viele Diskussionen in Sachen Corona nicht leichter“, sagt Dagmar Freitag (SPD), Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag.
Wann wird wieder im Europapokal gespielt? Entweder sollen beide Wettbewerbe parallel zu den wieder gestarteten nationalen Ligen gespielt werden – oder im Anschluss im August. Sollte ein Saisonabbruch unvermeidbar sein, liege die Entscheidung über die Europapokal-Teilnehmer zunächst bei den nationalen Verbänden. Die „sportlichen Erfolge“der Saison 2019/20 sollen ausschlaggebend bleiben.
(mit dpa)