Rheinische Post Ratingen

Jesus möchte als kluger Ratgeber still dabei sein

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Für Viele war Jesus einfach interessan­t. Viele haben ihn gemocht, aber auch viele gehasst. Doch alle haben auf seine Worte gehört: die Einen, um in sich eine Hoffnung zu wecken, die Anderen, um ihm eine Falle zu stellen. Doch nur Wenige haben auch verstanden, was er wirklich zu sagen hatte. Dieser Jesus hat sich als Lehrer, als Gottes Sohn vorgestell­t, der gekommen ist, um die Menschheit zu retten durch seinen Tod und durch seine Auferstehu­ng. Er hat es oft wiederholt, vertieft und mit der Bibel Israels begründet, aber die Adressaten seiner Reden fokussiert­en sich oft nur auf einen Aspekt, der im

Moment für sie wichtig war.

Wenn ich in der Osterzeit – diese dauert ja bis Pfingsten – die berühmte Emmaus-Geschichte im Gottesdien­t höre, denke ich daran. Worum geht es da? Um eine Hoffnungsg­eschichte.

Nach Jesu Tod sind zwei seine Jünger unterwegs in ein Dorf namens Emmaus. Eigentlich ist es eine Flucht aus der Realität. Einer der beiden sagt es so: „Wir hatten gehofft, dass Jesus derjenige sei, der Israel (im politische­n Sinne) erlösen werde.“Jesus stattdesse­n hat die Erlösung als Befreiung aus Unfreiheit und Angst gemeint. Die Beiden erleben etwas Wunderbare­s

während ihres Gespräches: Je mehr sie an ihn denken, von ihn sprechen, desto näher ist er ihnen. Jetzt können sie sich den Realitäten ihres Alltags stellen.

Kennen wir das nicht? Im Alltag sind viele Menschen unter Stress gesetzt. Wir müssen laufen von A nach B laufen. Oft sind wir zu spät. Wir treffen Menschen, aber haben keine Zeit, sie richtig kennenzule­rnen. Auch die, die mit uns leben, sehen wir nicht lange genug, um ihre Bedürfniss­e zu erkennen. Wir sprechen, ohne uns Mühe zu geben, einander besser zu verstehen. Wir hören zu, aber begreifen oft nicht, was Sache ist. Wir sehen

Menschen allein aus der Perspektiv­e unserer Erwartunge­n oder Hoffnungen.

Die Corona-Krise hat in unserer Gesellscha­ft die Bremse betätigt. Nun läuft Vieles langsamer. Vieles bleibt stehen. Ohne, dass wir es geplant haben, wird uns mehr

Zeit für die Anderen gegeben – für die Mitbewohne­r, für die Familie. Wir können sprechen, ohne dabei gestört zu werden… lange reden, auch wenn das am Ende Streit bedeuten sollte. Es tut gut, zu sagen, worauf ich keine Lust habe, damit die Anderen es wissen. Es tut gut, zu verstehen, dass die Anderen anders sind und dass sie es auch sein dürfen und dennoch ernstgenom­men werden. Jetzt haben wir die Chance, Vieles zu klären. Jesus möchte als kluger Ratgeber gerne still dabei sein.

KAPLAN KRZYSZTOF ZASANSKI, KATHOLISCH­E KIRCHENGEM­EINDE HEILIG GEIST

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