Gottesdienste unter klinischen Bedingungen
NRW-Bistümer haben mit der Staatskanzlei Maßgaben für Messen in Zeiten der Pandemie vereinbart.
MÖNCHENGLADBACH Die Ankündigung der Landesregierung, ab 1. Mai wieder öffentliche Gottesdienste zuzulassen, hat einen Glaubensstreit ausgelöst: Darf die Kirche den Zugang zur Gemeinschaft mit Gott beschränken oder nicht? Ohne Zugangskontrolle und strenge Hygienevorschriften werden kirchliche Feiern aber kaum möglich sein. Pfarrer wie Ulrich Clancett aus Jüchen lehnen Eintrittskarten kategorisch ab und wollen lieber auf die Öffnung verzichten: „Wir dürfen niemanden abweisen.“Clancett sieht die Gemeinschaft der Gläubigen in Gefahr. Er sorgt sich auch um die Gesundheit seiner meist älteren Kirchbesucher. Von dieser Gewissensnot, die viele Pfarrer plage, weiß auch Regionalvikar Klaus Hurtz aus Mönchengladbach. Er sieht sich und seine katholischen Mitbrüder in einem Dilemma. Hurtz spricht von der Sehnsucht der Gläubigen nach der Eucharistie. Er fragt sich aber auch, ob Gottesdienst unter „klinischen Bedingungen“überhaupt würdevoll möglich ist. In einem am Freitag verbreiteten Papier der Bistümer wird das Tragen von Mund-Nasen-Masken empfohlen und angeregt, unter den Gottesdienstbesuchern Schaubilder zu den Hygienebestimmungen zu verteilen.
Wie den Regionalvikar aus dem Bistum Aachen beschäftigt derzeit alle Pfarrgemeinden in NRW die Frage der organisatorischen Herausforderungen. Die fünf Bistümer im Land haben mit der Staatskanzlei „Maßgaben für Gottesdienste in Zeiten der Corona-Pandemie“abgestimmt und den Pfarreien zugeleitet. In Rede stehen Platzkarten, eine telefonische Anmeldung oder das Abzählen der Besucher. Hurtz sorgt sich um das „Mütterchen mit dem Rollator“, das einfach so zur Kirche kommt und dann womöglich vor geschlossener Tür steht. Darum: „Ein Eckchen müssen wir immer vorhalten.“
Die Pfarrgemeinden richten ihren Blick zu den Bistümern und warten auf weitergehende Weisungen. Ulrich Clancett, der mit Radio-Gottesdiensten die Corona-Krise überbrückt und beachtliche Einschaltquoten vorweisen kann, will sich nötigenfalls selbst dem Bischof verweigern: „Die Entscheidung liegt bei den Gemeinden. Unsere Kirche in Jüchen bleibt zum Gottesdienst vorerst zu.“Klaus Hurtz dagegen tendiert zur Öffnung. „Wir haben hier nicht die Wahl zwischen Gut und Böse. Es kann nur um das geringere Übel gehen.“Der Regionalvikar – er wurde vom Bischof ernannt – sieht sich in der Pflicht der Glaubensverbreitung und hofft auf Hilfe aus Aachen. Die Bistümer aber haben schon mitgeteilt, dass die Verantwortung bei den Gemeinden vor Ort liegt. Eine „zentrale Beschaffung“von Mund-Nasen-Masken erfolgt nicht. Hygienebestimmungen und Abstandsregeln sind einzuhalten. Nur Familien dürfen zusammensitzen. Die Zahl der zugelassenen Gottesdienstteilnehmer richtet sich nach der Größe des Raumes. Vor den Kirchen werden Zonen mit Abstandshinweisen markiert. Ein kircheneigener Ordnungsdienst sorgt dafür, dass die Regeln eingehalten werden. So schreibt es das Bistumspapier vor. Welche Kirchen ab 1. Mai Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen anbieten, wird sich in den nächsten Tagen ergeben.
Damit verbunden sind die noch offenen Fragen zu den Regeln, die den staatlichen Vorgaben genügen und dem sakramentalen Verständnis entsprechen müssen. Für die Katholiken dürfte es auch um die entscheidende liturgische Frage gehen, wie die heilige Kommunion erteilt werden kann. Priester und Kommunionhelfer sollen sich, so das Bistumspapier, unmittelbar vor der Kommunionausteilung die Hände desinfizieren. Köperkontakt ist zu vermeiden, der Mindestabstand soll eingehalten werden.
Schon jetzt haben die Bistümer klargestellt, dass es keine Fronleichnamsprozessionen geben wird. Trauergottesdienste sind wieder möglich, besondere kirchliche Feiern wie Taufe oder Hochzeit auch, stehen aber unter dem Vorbehalt der „besonders sorgfältigen Einhaltung der Regeln“. Dazu heißt es: „Bisweilen empfiehlt sich eine Verschiebung.“
Trauergottesdienste sind wieder möglich, Taufen und Hochzeiten auch