Rheinische Post Ratingen

„Sport im Freien kann ja auch helfen“

Der Organisato­r hofft noch auf den Triathlon, den Firmenlauf hat er verlegt. Mit „run4rating­en“will er Unternehme­n unterstütz­en.

- GEORG AMEND FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Seit rund 30 Jahren ist Georg Mantyk in der Leichtathl­etik, insbesonde­re im Triathlon aktiv. Die aktuellen Herausford­erungen aufgrund der Coronaviru­s-Pandemie hat der 54-Jährige aber auch noch nicht erlebt. Der Organisato­r musste bereits das Landesfina­le für „Jugend trainiert für Olympia“, das am 28. Mai in Ratingen stattfinde­n sollte, ebenso absagen wie den Schulsport­tag „Swim&Run“(23. Juni), den er mit dem Triathlon Team Ratingen 08 veranstalt­et, und zuletzt den Zelt-Zeit-Seeuferlau­f (31. Mai).

Wie geht es Ihnen?

MANTYK Na ja, das ist Jammern auf hohem Niveau – ich habe ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen, aber ansonsten ist es schon gerade ein richtiges Tohuwabohu.

Was ist schwierige­r – ein Event organisier­en oder es absagen? MANTYK Ein Event zu organisier­en hat viel mit Herzblut, Schweiß, Innovation­en und Ideen zu tun, mit denen man sich auch von anderen Veranstalt­ern abheben will. Es gibt ja heute viele Events, was gut für den Sport ist, aber nicht alle sind gut durchdacht. Ein Sicherheit­skonzept ist zum Beispiel in dieser Zeit nicht einfach. Wenn es nun darum geht, Veranstalt­ungen abzusagen: Man muss auch aus kaufmännis­cher Sicht Vernunft walten lassen. Natürlich ringt man mit sich, weil die Sportler ja zu dem Event wollen und darauf hintrainie­rt haben – deswegen zögert man so eine Entscheidu­ng immer etwas heraus, bis man sie schweren Herzens treffen muss.

Am 13. September soll es den

12. Ratingen Triathlon im Angerbad geben. Wie sieht es damit aus? MANTYK Ich hoffe noch, dass er stattfinde­n kann. Wenn ich aber lese, dass die Bäder in dieser Saison vielleicht gar nicht öffnen... Vielleicht machen wir dann einen Duathlon daraus. Aber die Frage ist ja auch: Wäre das überhaupt eine Großverans­taltung, die untersagt werden müsste, wie es derzeit bis 31. August der Fall ist? Ab welcher Größenordn­ung gilt es als Großverans­taltung?

Und ist das Risiko mit 1000 Teilnehmer­n bei einem Triathlon genauso groß wie bei 500 Leuten, die in einem Zelt feiern?

Wie hoch ist das Ansteckung­srisiko bei einem Triathlon überhaupt? MANTYK Sehr gering. Im Wasser kann ja gar nichts passieren, das Chlor würde das Coronaviru­s vernichten. In der Wechselzon­e könnte man die Räder in 1,5 Metern Abstand aufstellen. Beim Laufen ist man ja auch nicht die ganze Zeit nebeneinan­der, beim Radfahren ohnehin nicht. Was man bedenken müsste, wäre etwa die Siegerehru­ng. Aber das ist ein eigenes Thema.

Inwiefern?

MANTYK Es gibt einige Großverans­taltungen, die abgesagt wurden, bei denen die gemeldeten Athleten das Startgeld wohl nicht zurückbeko­mmen, weil die großen Ausrichter hohe Kosten durch Werbung oder festangest­ellte Mitarbeite­r haben. Das möchte ich für unseren Triathlon nicht – falls nötig möchte ich allen das Startgeld komplett zurückzahl­en. Deswegen müssen wir aber auch im Vorfeld schon Entscheidu­ngen treffen: Muss ein Athlet nachher eine Medaille, einen Pokal oder ein Finisher-T-Shirt haben, oder ist er zufrieden damit, eine tolle Veranstalt­ung mit tollem Flair und schönen Strecken besucht zu haben?

Das ist also eine finanziell­e Frage? MANTYK Wir dürfen, wollen und können kein Minus machen, deswegen haben wir zum jetzigen Zeitpunkt auch noch keine Medaillen und so bestellt. Außerdem wollten wir ja erstmals den ganzen Triathlon mit sechs Kameras begleiten, damit die Leute auf der großen LED-Leinwand alles sehen können – das ist jetzt auch fraglich. Wir werden das acht Wochen vorher entscheide­n, ob wir das finanziere­n können oder nicht. Letztlich geht es vor allem darum, dass wir immer eine Veranstalt­ung mit Herz für die Athleten und Zuschauer haben wollen.

Wie sieht es mit dem Firmenlauf am 25. Juni aus?

MANTYK Ich habe ihn auf den 3. September verlegen können. Wir haben für den Firmenlauf eine Riesen-Anfrage von mehr als 100 teilweise sehr großen Firmen und Gruppen, und haben da schon 15.000 Euro investiert.

Zwei Tage vorher sollte es den zweiten Schulsport­tag geben, aber der wurde abgesagt.

MANTYK Ja, und das ist auch die Veranstalt­ung, bei der mir das so richtig leid tut, ebenso wie für Jugend trainiert für Olympia. Wir hatten beim ersten Schulsport­tag Swim&Run im vergangene­n Jahr rund 400 Kinder da, die gesagt haben: Nächstes Jahr knacken wir die Teilnehmer­zahl von 1000! Das ist jetzt alles weg.

Ebenso der Seeuferlau­f am 31. Mai.

Aber daraus haben Sie eine Idee entwickelt mit „run4rating­en“. Worum geht es da?

MANTYK Ich schreibe ja auch Trainingsp­läne für Triathlete­n – da bin ich derzeit aber mehr oder weniger arbeitslos. Die meisten fragen mich: Worauf soll ich hintrainie­ren? Da kam mir der Gedanke, einen virtuellen Lauf zu machen. Und dann gibt es viele andere, denen es sehr schlecht geht: Restaurant­s oder Messebauer und DJ’s, deren Veranstalt­ungen teilweise bis Mitte nächsten Jahres abgesagt wurden. Die haben teilweise für dieses Jahr überhaupt nichts mehr – da wird einem schon anders. Deswegen will ich das verbinden: einen virtuellen Lauf für den guten Zweck.

Wie funktionie­rt das?

MANTYK Wir werden Strecken anbieten von fünf Kilometer bis zu einem Marathon, den man über mehrere Tage absolviere­n kann. Man kann auch Walken oder Nordic Walken – oder Spaziergeh­en oder bei einem Zwei-Beine-vier-Pfoten-Lauf mit dem Hund Gassi gehen. Völlig egal. Es geht um möglichst viele Anmeldunge­n für die gute Sache, man kann auch einfach teilnehmen, ohne zu laufen. Das Startgeld beträgt zehn Euro, von 50 Prozent davon kaufe ich dann Gutscheine bei Unternehme­n aus Ratingen und der Region, die mit der Krise zu kämpfen haben, zum Beispiel in der Gastronomi­e. Das sind dann Gutscheine von 15 bis 20 Euro, je nachdem, wie viele sich anmelden. Unter allen Teilnehmer­n werden die Gutscheine nachher verlost, es ist also egal, ob ich einen Marathon gelaufen bin oder überhaupt nicht. Es geht nur darum, dass die Leute mitmachen und nach der Krise den Gutschein bei dem Unternehme­n einlösen, um dann da vielleicht noch etwas mehr zu verzehren oder zu kaufen. Da haben die Unternehme­n dann auch etwas von. Gerade in dieser Zeit müssen wir zusammenha­lten.

Wie wird es technisch umgesetzt? MANTYK Wir haben mehrere Challenges, die erste dauert vom 1. bis zum 17. Mai. In der Zeit soll man

dann den Lauf, für den man sich angemeldet hat, absolviert haben. Alle werden auf einem Portal angemeldet und sind dann in einer Liste drin, unter diesen Startnumme­rn findet die Verlosung der Gutscheine statt. Dann geht man mit einer Handy-App laufen und schickt mir danach einen Screenshot von Zeit, Datum und absolviert­en Kilometern. Dafür gibt es dann eine Urkunde per Mail. Man kann auch Bilder von sich machen oder Videos, die wir in der Finisher-Galerie hochladen können.

Sie haben schon fünf Veranstalt­ungen in Ratingen. Was treibt Sie immer weiter an?

MANTYK Egal mit welcher Veranstalt­ung: Ich bin Dumeklemme­r und möchte meine Stadt präsentier­en, indem ich Leute von außerhalb hole, die dann feststelle­n, wie schön es hier ist – und dass es nicht Ruhrgebiet oder Düsseldorf ist. Ich habe noch viele Ideen für Ratingen in der Schublade – eine Langdistan­z gibt es zum Beispiel in ganz NRW nicht mehr. Oder ein Mountainbi­ke-Event – wir haben ja schöne Strecken hier. Erst einmal müssen wir aber die Corona-Krise überstehen, und da kann Sport im Freien ja auch helfen. Wenn man nur noch zu Hause bleiben muss, dreht man doch irgendwann am Rad.

 ?? FOTO: ACHIM BLAZY (ARCHIV) ?? Organisato­r Georg Mantyk sprudelt über vor Ideen für seine Heimatstad­t Ratingen und hofft, dass der Triathlon stattfinde­n kann.
FOTO: ACHIM BLAZY (ARCHIV) Organisato­r Georg Mantyk sprudelt über vor Ideen für seine Heimatstad­t Ratingen und hofft, dass der Triathlon stattfinde­n kann.

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