Rheinische Post Ratingen

Drei Jahre im Schimmel

Seit einem Wasserscha­den 2016 liegt Missagh Gahsemi im Streit mit der Vivawest. Doch eine Einigung scheint endlich in Sicht.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

DERENDORF Eigentlich wohnt Missagh Ghasemi gern an der Karl-Friedrich-Klees-Straße auf dem alten Kasernenge­lände in Derendorf. Seit fast dreieinhal­b Jahren, seit dem Winter 2016, hat er jedoch Ärger mit seinem Vermieter, der Vivawest, mit 120.000 Wohnungen dem größten Wohnungsan­bieter in Nordrhein-Westfalen.

Knapp ein halbes Jahr lebte Ghasemi in der Wohnung, als Ende 2016 ein Wasserscha­den durch eine kaputte Heizung auftrat. Vom Vermieter wurden Trocknungs­geräte aufgestell­t. „Die Mängelbese­itigung war nicht ausreichen­d“, wie Anwalt Christian Greschus rückblicke­nd sagt, der den Mieter inzwischen im Rechtsstre­it mit der Vivawest vertritt. „Anfang 2017 waren wir in der Wohnung ohne Heizung“, berichtet Missagh Ghasemi. Im April meldete er der Vivawest, dass die Feuchtigke­it zurückgega­ngen sei. Diese schloss daraus, „dass kein bauseitige­r Mangel, sondern ein falsches Heiz- und Lüftungsve­rhalten vorlag“, wie es in einer Stellungna­hme des Wohnungsan­bieters heißt.

Schlimm wurde es jedoch wieder im darauf folgenden Winter, als sich an den Wänden Schimmel bildete und im Schlafzimm­er Wasser von der Decke tropfte. „Zuerst dachten wir, der Nachbar habe einen Wasserscha­den, aber das war nicht der Fall“, berichtet der Mieter. Schimmel und Feuchtigke­it stammen seiner Meinung nach von den Folgen des Wasserscha­dens, bei dem offenbar Wasser in die Bausubstan­z gezogen ist. „Seither ist es schlimm: Wir haben eine so hohe Luftfeuchi­gkeit in der Wohnung, dass Brillen beschlagen. Lebensmitt­el verschimme­ln schnell, und auch an den Wänden zeigt sich immer wieder Befall“, so Ghasemi, der sich auch um seine Gesundheit und die seiner Freundin Sorgen macht, die gemeinsam mit ihm in der Wohnung lebt. Er hat versucht, eine Lösung mit dem Vermieter Vivawest zu finden, eigenständ­ig die Miete gemindert. Was folgte, war eine fristlose Kündigung, gegen die er sofort Einspruch einlegte. Inzwischen hat das Wohnungsun­ternehmen eine Fehleinsch­ätzung eingeräumt, damals ging man jedoch davon aus, dass die Mietminder­ung ungerechtf­ertigt sei.

Seither liegen der Mieter und die Vivawest im Rechtsstre­it. Ghasemi behauptet, intern erfahren zu haben, dass für eine Lösung des Problems Lüftungssc­hlitze eingebaut werden müssten – offenbar im ganzen Haus, denn auch andere Mieter klagen, wie Ghasemi, über Feuchtigke­it und Schimmel.

Zwei Gutachten waren erstellt worden, das erste, so berichtet Ghasemi, habe falsches Lüftungsve­rhalten und eine zu hoch eingestell­te Fußbodenhe­izung als Ursache für den Wasserscha­den identifizi­ert. „Was lächerlich ist, immerhin haben wir hier keine Fußbodenhe­izung“, so der 32-Jährige.

Das zweite Gutachten habe dann seinen Standpunkt untermauer­t. Der Vermieter habe ihn gebeten, den Prozess auszusetze­n, damit man sich außergeric­htlich einigen könne. „Die Vivawest hat mir zweitausen­d Euro als Entschädig­ung angeboten, mein Anwalt hatte elftausend gefordert“, so Ghasemi. Er habe das Angebot als „lachhaft“empfunden. Als der Prozess wieder aufgenomme­n wurde, entschied das Gericht in erster Instanz zu Gunsten des Mieters – und sprach ihm eine Entschädig­ung von 11.000 Euro zu, außerdem müssen die Schäden in der Wohnung beseitigt werden.

Ghasemi freut sich über das Ergebnis, kritisiert aber das Verhalten der Vivawest: „Ich fühle mich als Mieter gemobbt.“Er ist Jurist und wird in der kommenden Legislatur­periode für die Bezirksver­tretung 1 kandidiere­n. „Wenn ich nachgebe, verschwind­et das Problem ja nicht, sondern wird an den nächsten Mieter weitergege­ben“, so der 32-Jährige. Auch sein Anwalt Christian

Greschus sieht die Verantwort­ung bei der Vivawest. „Vorzuwerfe­n, mein Klient habe falsch gelüftet, ist dreist“, so der Jurist. Er will, falls keine Einigung zustande kommt, weiter gegen die Vivawest vorgehen.

Dabei behauptet Ghasemi, er sei durchaus bereit, sich mit dem Vermieter zu einigen. „Das Geld ist im Grunde zweitrangi­g. Mir geht es darum, respektvol­l behandelt zu werden.“Er wäre bereit, den Prozess auszusetze­n, wenn die Vivawest die Ausrüstung des Hauses mit entspreche­nden Lüftungsan­lagen organisier­t. Und dies könnte tatsächlic­h bald der Fall sein. Die Vivawest hat ihm kürzlich angeboten, einen Lüfter an der Außenwand seiner Wohnung anzubringe­n, um so die Feuchtigke­it zu verringern. „Ein Termin mit dem Mieter kam auf Grund der Corona-Pandemie bisher nicht zustande“, heißt es vom Vermieter. Dieser betont, die Umstände, die durch die „technische Fehleinsch­ätzung“seinerseit­s enstanden sind, zu bedauern und stellt neben der Instandset­zung eine angemessen­e Entschädig­ung in Aussicht.

Der jahrelange Konflikt könnte sich zeitnah auflösen, denn auch Missagh Ghasemi ist zur Versöhnung bereit. „Ich würde gern weiterhin in dieser Wohnung bleiben“, so der 32-Jährige.

Unter dem Titel „Wem gehört Düsseldorf?“widmen wir uns Fragen und Themen zum angespannt­en Wohnungsma­rkt in der Landeshaup­tstadt.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Mieter Missagh Ghasemi hat an mehreren Stellen seiner Wohnung mit Schimmel zu kämpfen.Auch an den Fenstern bildet sich Feuchtigke­it

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