Das Duo Quent vermählt Indie-Pop mit elektronischer Musik
Für die Zusammenarbeit von Lars Schmidt und Veit König haben die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus kaum Veränderung gebracht: Schmidt ist Sänger der Düsseldorfer Indiepop-Band Subterfuge und König Musikjournalist, Autor von Hörspielen und elektronischer Musiker aus Köln. Die Distanz zwischen den beiden Rheinstädten überwinden sie seit jeher fast nur per E-Mail: Der Kölner schickt am Computer produzierte Musik, der Düsseldorf denkt sich Text und Gesangsmelodien dazu aus, singt sie ein und schickt sie zurück, manchmal spielt er auch noch eine E-Gitarre ein. Auf diese Art ist ein erstaunlich stimmiges und eingängiges Pop-Album entstanden, das so heißt wie das Duo: „Quent“.
Das Spannende an dessen zwölf Stücken ist, dass sie unterschiedlich sind, aber trotzdem gut zusammen stimmen und eine erkennbare künstlerische Handschrift tragen. Einige sind instrumental, auf einigen singt Lars Schmidt wie bei Subterfuge auf Englisch, auf anderen auf Deutsch – letztere sind die Höhepunkte des Albums: „Deutscher Gesang war bei Subterfuge ein NoGo“, erinnert er sich, „aber natürlich nehme ich privat auch wahr, was im deutschsprachigen Popbereich passiert und hatte Lust, mich mal so auszudrücken. Interessant war: Es kamen ganz andere Themen hoch.“
Bei den Texten von Subterfuge, die seit 14 Jahren kein neues Album mehr veröffentlicht haben, stehen oft persönliche Erlebnisse im Vordergrund, zum Beispiel Romanzen aus dem kleinen Kosmos einer Privatperson. Bei den Texten für Quent hat Lars Schmidt auch gesellschaftliche Themen verarbeitet; er ist assoziativ vorgegangen, um Stimmungen
einzufangen. „Ich bin kein Freund von Plattitüden oder sehr klaren Aussagen“, sagt er. „Ich mag auch als Hörer Texte, die Raum für eigene Erkenntnisse lassen.“
So ist ein fantastischer Song wie „Rückwärtsevolution“entstanden, der in einer atemlosen Bilder-Reihung zu einem treibenden ElektroPop-Sound eine vergangene Welt auferstehen lässt – aber nicht bloß sagt: „Früher war alles besser.“Vielmehr fragt er, was wir vielleicht verloren haben. „In den vergangenen Jahren ist eine Ego-Kultur entstanden, in der jeder überall der erste sein muss, in der wir uns Dekadenz leisten“, findet Lars Schmidt. „In der Pandemie findet jetzt vielleicht ein Nachdenken statt, weil wir uns sehr auf das Wesentliche beschränken müssen.“Titel wie „Rückwärtsevolution“
erinnern an den Sound der Band The Notwist, die bei der Vermählung von Indie-Pop und elektronischer Musik Pionierarbeit geleistet hat.
Die erste Single des Quent-Albums „Batteriebetrieb“klingt nach lupenreiner Kraftwerk-Hommage – und ein englischsprachiges Stück wie „Dancing Girls“könnte auch als Disco-Revival durchgehen. Veit König, der seine Musik bisher auf skurrilen Kassettenlabels herausbrachte und zum Beispiel das nur Eingeweihten bekannte Projekt Mikrovolt betreibt, hat erstaunliche Pop-Affinität bewiesen – und nur die eingängigsten Kompositionen für die Quent ausgewählt. „Wir haben das Album schon als unsere Antwort auf ‚ Blue Monday‘ von New Order bezeichnet, weil es so etwas Episches
hat“, sagt Lars Schmidt. Obwohl Quent mit ihrer Arbeitsweise das Konzept der sozialen Distanz schon seit Jahren leben, nehmen sie andere Verhaltensnormen der Corona-Krise nicht so gern an: „Ich bin nicht so überzeugt von im Internet gestreamten Konzerten“, bekennt der Sänger. Deswegen wird es Auftritte wahrscheinlich erst dann wieder geben, wenn sie in der Welt der körperlichen Präsenz auch möglich sind. In der Zwischenzeit arbeiten die Musiker an weiterem Material, und: „So viele positive Rückmeldungen aus so vielen unterschiedlichen Ecken wie zu ‚Rückwärtsrevolution‘ hatte ich vielleicht noch nie“, so Lars Schmidt, der aber auch mit Subterfuge an neuem Material arbeitet.
INFO www.quent2020.bandcamp.com